Bergbau Viele Emotionen zum Abschied vom Bergbau

Bottrop/Saarbrücken · Sogar der Bundespräsident kommt nach Bottrop, wenn dort am Freitag die letzte deutsche Steinkohlengrube für immer schließt.

 Die Tage, in denen Bergleute auf der Zeche Prosper Haniel in 1250 Meter Tiefe den Förderkorb verlassen, sind gezählt. Am kommenden Freitag schließt die letzte deutsche Steinkohlegrube ihren Regelbetrieb. Über 250 Jahre Bergbau sind dann Geschichte.

Die Tage, in denen Bergleute auf der Zeche Prosper Haniel in 1250 Meter Tiefe den Förderkorb verlassen, sind gezählt. Am kommenden Freitag schließt die letzte deutsche Steinkohlegrube ihren Regelbetrieb. Über 250 Jahre Bergbau sind dann Geschichte.

Foto: dpa/Oliver Berg

Großer Bahnhof für die letzte Kohle: Deutschland nimmt am kommenden Freitag Abschied vom Steinkohlenbergbau. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kommen zur Schachtanlage Prosper-Haniel nach Bottrop, die als letzte deutsche Steinkohlezeche geschlossen wird.

Es dürfte ein hoch emotionaler Schlussakt nach über 250 Jahren Industriegeschichte werden. „Bergleute fördern das letzte Stück Kohle zu Tage und übergeben es an den Bundespräsidenten. Gemeinsames Singen des Steigerliedes, begleitet durch den Ruhrkohle-Chor“, heißt es im Programm für die Abschlussveranstaltung mit 500 geladenen Gästen auf dem Zechengelände. Am Abend zuvor verabschieden die katholische und evangelische Kirche den Bergbau mit einem Gottesdienst im Essener Dom. Die Steinkohleförderung an der Ruhr und an der Saar hat Deutschland in der Nachkriegszeit über mehrerer Jahrzehnte hinweg großen Wohlstand gebracht. Doch in den vergangenen Jahren konnte Steinkohle nur noch dank hoher Subventionen gefördert werden. Gut eine Milliarde Euro pro Jahr fielen zuletzt an, um die Preisdifferenz zum Weltmarkt auszugleichen. Schon 2012 war an der Saar Schluss. Das Ende in unserer Region wurde zusätzlich durch das Beben in Saarwellingen 2008  beschleunigt.

 Auch 2019 stehen dem Kohlekonzern RAG noch einmal öffentliche Mittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro zur Verfügung, um die Aufräumarbeiten unter und über Tage zum Abschluss bringen zu können. Viele Jahre war die Steinkohle der größte Empfänger direkter Finanzhilfen des Bundes. Für 2010 hatte das Umweltbundesamt vorgerechnet, dass auf jeden Bergbaubeschäftigten fast 80 000 Euro an Subventionen entfielen.

In den besten Zeiten in den 1950er Jahre hatten mehr als 600 000 Menschen Arbeit in der Branche. Jetzt beschäftigt der Bergbaukonzern RAG noch 3400 Mitarbeiter. Der immense Personalabbau gelang ohne Entlassungen – auch dank Milliardenzuschüssen für die Vorruhestandsregelungen der Bergleute, die nach 25 Jahren unter Tage mit 50 gehen dürfen. Allein in den vergangenen 20 Jahren sind nach Angaben von RAG-Chef Peter Schrimpf 45 000 Bergleute in den Vorruhestand gegangen.

Für den Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), Michael Vassiliadis, ist der sozialverträgliche Ausstieg aus der Steinkohle ein Vorbild für andere Branchen. „Wir haben dafür gesorgt, dass niemand ins Bergfreie gefallen ist. Das war ein gewaltiger Kraftakt, aber auch eine soziale Errungenschaft, die nicht hoch genug geschätzt werden kann“, sagt Vassiliadis.

Auch nach der Schließung der letzten Grube im Ruhrgebiet wird in Deutschland weiter Steinkohle in Kraft- und Stahlwerken eingesetzt. Rund 14 Prozent des deutschen Stroms wurden in diesem Jahr mit Steinkohle erzeugt, schon jetzt ganz überwiegend mit Importkohle.

Die Bergbaugesellschaft RAG wird mit dem Ende der Kohleförderung aber nicht verschwinden, sie bekommt vielmehr eine Ewigkeitsgarantie. Denn tief in den stillgelegten Gruben, die am Erdboden entstanden sind, muss dauerhaft Wasser in riesigen Mengen abgepumpt werden, damit das Grundwasser geschützt und die Region nicht zur Seenplatte wird. Für diese Ewigkeitsaufgaben sind aber nur noch rund 500 Mitarbeiter erforderlich. Mindestens 220 Millionen Euro im Jahr werden das Pumpen und andere Maßnahmen kosten. Im Saarland will die RAG einen anderen Weg beschreiten und zur Grubenflutung greifen. Dieses Vorgehen ist noch höchst umstritten und wird an der Saar geprüft.

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