Stephen Hawking ist tot Er brachte Licht ins Dunkel des Universums

Cambridge · Eine schwere Krankheit setzte dem Forschergeist von Stephen Hawking keine Grenzen. Nun ist das Physik-Genie im Alter von 76 Jahren gestorben.

 Stephen Hawking lebte mehr als ein halbes Jahrhundert mit der Muskelschwäche Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

Stephen Hawking lebte mehr als ein halbes Jahrhundert mit der Muskelschwäche Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

Foto: dpa/Facundo Arrizabalaga

Wenn Stephen Hawking etwas sagte, lauschte die Welt. Jahrzehntelang konnte sich der schwer kranke Astrophysiker aus Großbritannien nur noch über einen Sprachcomputer mitteilen. Doch das hielt ihn von hochkomplexen Themen nicht ab: Gibt es einen Gott? Ist noch anderes Leben im Universum? Kann die Menschheit auf einen fremden Himmelskörper übersiedeln, wenn die Erde unbewohnbar wird? Jetzt ist das Genie im Alter von 76 Jahren in Cambridge gestorben.

Ärzte hatten Hawking mit Anfang 20 vorausgesagt, dass er binnen drei Jahren an der Muskelschwäche Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sterben werde – er lebte noch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Diagnose. Den Spaß am Leben und Forschen ließ er sich nicht nehmen. Seine Krankheit trieb seinen Ehrgeiz an. Angst vor dem Tod hatte er nicht. Ein Jenseits allerdings hielt Hawking für ausgeschlossen. „Ich sehe das Gehirn als einen Computer an, der aufhört zu arbeiten, wenn seine Einzelteile nicht mehr funktionieren“, sagte er dem „Guardian“. „Es gibt kein Leben nach dem Tod für kaputte Computer; das ist ein Märchen für Leute, die Angst im Dunkeln haben.“

Menschen mit funktionierender „Hardware“ sollten seiner Ansicht nach den größtmöglichen Wert aus ihren Taten schöpfen. Für Hawking selbst bedeutete das, Licht ins Dunkel des Universums und unserer Herkunft zu bringen. Schwierigste Theorien machte er Laien verständlich; sein Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1988) wurde zum Bestseller. In Wissenschaftskreisen fand seine Arbeit größte Anerkennung. Er hatte drei Jahrzehnte den Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik an der Uni Cambridge inne – und war damit ein Nachfolger Isaac Newtons.

Was Hawking so faszinierend machte, war nicht nur seine Schwäche für die großen Fragen der Menschheit. Es schien auch die Symbolik zu sein, die bei seinen Auftritten mitschwang: Er konnte nicht mehr ohne Hilfe schreiben, nicht sprechen – aber mit dem Kopf reiste er zu den Sternen. „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies“, sagte einmal. „Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige.“

Das Weltall zog Hawking seit seiner frühesten Jugend an. Schon in der Schule hatte er den Spitznamen „Einstein“. Nach dem Abschluss studierte er ein paar Semester Physik in Oxford, dann entschied er sich für ein Studium der Kosmologie in Cambridge. Im Rekordtempo legte er eine wissenschaftliche Karriere hin, gründete eine Familie. Nebenbei wurde er eine Art Popstar der Wissenschaft, spielte sich selbst in einer Folge von „Raumschiff Enterprise“ und wirkte in der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ mit.

30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe Jane verheiratet, mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter. Nach der Scheidung brachte sie Ende der 90er Jahre ein Buch heraus, in dem sie ihn als Haustyrannen beschrieb, den sie gelegentlich daran erinnern musste, dass er nicht Gott sei. 1995 heiratete Hawking seine ehemalige Pflegerin. Die Ehe hielt bis 2006. In einem Interview mit der Zeitschrift „New Scientist“ sagte er auf die Frage, worüber er jeden Tag am meisten nachdenke: „Frauen. Sie sind ein komplettes Rätsel.“

Dass er den Nobelpreis – für den es experimenteller Nachweise bedarf – nicht bekam, fand Hawking zwar schade. Wichtiger war ihm aber der Fundamental Physics Prize – und den hatte er längst eingeheimst.

An seinem Todestag stellte die Universität Cambridge gestern eine letzte Botschaft des Star-Physikers ins Internet: „Es war eine großartige Zeit, um am Leben zu sein“, sagt Hawking. „Unser Bild des Universums hat sich in den letzten 50 Jahren umfassend verändert und ich bin glücklich, wenn ich einen kleinen Beitrag leisten konnte.“

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