Elektroschrott mit kostbaren Rohstoffen

Brüssel. Handys, elektrische Zahnbürsten, Kaffeemaschinen oder Musikplayer - zu oft landen solche Kleingeräte immer noch im Hausmüll. Nun will die EU dafür sorgen, dass Elektroschrott so vollständig wie möglich recycelt wird. Mindestens 85 Prozent des anfallenden "Abfalls mit Kabel" muss künftig eingesammelt werden, beschloss das Europäische Parlament gestern in erster Lesung

Brüssel. Handys, elektrische Zahnbürsten, Kaffeemaschinen oder Musikplayer - zu oft landen solche Kleingeräte immer noch im Hausmüll. Nun will die EU dafür sorgen, dass Elektroschrott so vollständig wie möglich recycelt wird. Mindestens 85 Prozent des anfallenden "Abfalls mit Kabel" muss künftig eingesammelt werden, beschloss das Europäische Parlament gestern in erster Lesung. Und das auch noch kostenlos. "Wir dürfen nicht länger die Rohstoffe unserer Kinder verscherbeln", sagte der CDU-Europa-Parlamentarier Karl-Heinz Florenz. Denn alte Elektrogeräte enthalten große Mengen der kostbaren Materialien, die immer seltener und deshalb ständig teurer werden. Eine Million Mobiltelefone enthalten immerhin 250 Kilo Silber, 24 Kilo Gold, neun Kilo Palladium und neun Tonnen Kupfer. 2008 wurden 1,8 Milliarden Handys weltweit verkauft. "Wir verschwenden teure, immer seltener werdende Rohstoffe und werfen bares Geld zum Fenster raus", sagte der saarländische EU-Abgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Jo Leinen.

Rund 20 Kilo Elektroschrott produziert jeder EU-Bürger im Jahr. Sobald die novellierte Richtlinie 2012 in Kraft getreten ist, darf sich der Verbraucher auf zahlreiche Erleichterungen freuen. So müssen die Hersteller von Großgeräten wie Waschmaschinen oder Fernsehern den Abtransport ab dem Wohnhaus organisieren. Kleingeräte dürfen dann in jedem Elektro-Geschäft oder Elektronik-Markt zurückgegeben werden - unabhängig davon, wo sie gekauft wurden.

Gleichzeitig schiebt die EU dem illegalen Export von Bauteilen einen Riegel vor. In der Vergangenheit waren gebrauchsfähige Altgeräte als "wiederverwertbar" deklariert worden und dann illegal vor allem nach Afrika ausgeführt worden. Dort wurden sie trotz giftiger Bestandteile wie Quecksilber in Öfen verbrannt und verursachten regelmäßig Krankheitsepidemien bei der Bevölkerung. Bei einer Razzia vor einigen Monaten entdeckte der Zoll in einem großen europäischen Hafen bei der Prüfung von 420 Containern mit Alt-Elektro-Geräten 360 Behälter, die gar nicht ausgeführt werden durften. Nun sollen nicht mehr die Grenzschutzbehörden nachweisen müssen, dass es sich um illegales Material handelt, sondern der Exporteur oder Spediteur die legale Ausfuhr.

Deutschland gehört EU-weit zur Spitzengruppe. Hier zu Lande werden über 92 Prozent der gebrauchten Elektro-Artikel recycelt. Nachholbedarf aber gebe es trotzdem, hieß es gestern in Brüssel. Gerade der Abtransport ab dem Wohnhaus sei oft nicht klar geregelt. In einigen Bundesländern erheben Wertstoffhöfe oder Sammelstellen Gebühren für die Abgabe von Alt-Geräten. Beides muss nach der Reform der Richtlinie geändert werden. "Auch im Saarland sollten die nötigen Sammelstellen und Sammelsystem schnellstmöglich aufgebaut werden", fordert Leinen.

Meinung

Kein ökologischer Luxus

Von SZ-Korrespondent

Detlef Drewes

Mülltrennung ist längst kein ökologischer Luxus mehr. Ohne die Rohstoffe, die die Industrie aus dem Abfall herausfiltert, wären weite Teile unserer Produktion aufgeschmissen. Die paar Cent oder Euro, die die Hersteller für intelligente Rückholsysteme auf den Verkaufspreis draufschlagen, sparen wir an anderer Stelle ein, weil die Kosten für viele Güter niedriger sind. Stahl aus Schrott ist billiger als aus Erz. Aber längst nicht überall wurde eine Infrastruktur für eine leichte Rückgabe installiert. Da muss nachgebessert werden. Denn die leichte Rückgabe entscheidet mit darüber, wie viele Geräte im Müll oder auf den Bändern der Recyclingfirmen landen.

Hintergrund

Elektro- und Elektronikgeräte dürfen nach Angaben des Entsorgungsverbandes Saar (EVS) seit März 2006 nicht mehr über den Rest- oder Sperrmüll entsorgt werden. Darauf weist bei neuen Geräten auch ein Kennzeichen mit einer durchgestrichenen Abfalltonne hin. Die Geräte können kostenlos bei den Wertstoffzentren abgegeben werden, die beispielsweise auch Papier, Metalle, Grünschnitt oder Bauschutt annehmen.

Der Entsorgungsverband unterhält derzeit 16 solcher Anlagen. Vier weitere Wertstoffzentren sind derzeit in Planung. Neben dem EVS betreiben einige Kommunen auch Wertstoffhöfe in eigener Trägerschaft. Eine Übersicht der Einrichtungen mit Adressen und Telefonnummern ist im Internet unter www.entsorgungsverband.de (Link "Aball" und dann "Abfall-Anlagen") zu finden. Außerdem nimmt laut EVS auch die Firma RL Recycling in Großrosseln-Naßweiler (www.rl-recycling.de) alte Elektro- und Elektronikgeräte an. red

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