Einheit nicht nur im Drachenboot

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) entsteigt völlig verschwitzt seinem Drachenboot. "Anstrengend war's", sagt der künftige Bundesratspräsident. Im Hamburger Hafen paddeln am Freitag bei den Feierlichkeiten zum 18. Jahrestag der Deutschen Einheit zahlreiche Bundesländer gegeneinander an - Müller traut sich als einziger Ministerpräsident ins Boot

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) entsteigt völlig verschwitzt seinem Drachenboot. "Anstrengend war's", sagt der künftige Bundesratspräsident. Im Hamburger Hafen paddeln am Freitag bei den Feierlichkeiten zum 18. Jahrestag der Deutschen Einheit zahlreiche Bundesländer gegeneinander an - Müller traut sich als einziger Ministerpräsident ins Boot. Ins Finale schafft er es nicht, dort hat Niedersachsen vor Mecklenburg-Vorpommern die Nase vorn. Am Ufer verausgabt sich der soeben von einer Operation genesene Peter Harry Carstensen (CDU) beim Anfeuern. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein schwenkt eine riesige Landesflagge, sein Land holt Bronze. "Ich bin begeistert, das war super", ruft er. Der Wettstreit mit drei ostdeutschen Ländern im Fünfer-Finale und die entspannte Stimmung beim Bürgerfest, aber auch die Einschätzung von Politikern zeigt: Zur Volljährigkeit ist die Einheit wohl endgültig in der Normalität angekommen. "Sie hat das Herz der Menschen erreicht, auch wenn sie in allen Punkten noch nicht vollendet ist", sagt Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU). In der Stadt, in der hunderte DDR-Bürger nach der Wende einen Arbeitsplatz im florierenden Hafen fanden, will man von Ost-West-Gräben am Freitag nichts wissen. Aber ein Informationsdefizit bei jungen Leuten wird eingeräumt. Als "17. Bundesland" sind auch Deutschlands vier äußerste Ost-, West-, Nord- und Südzipfel bei dem noch bis Sonntag dauernden Einheitsfest in der Speicherstadt dabei. Görlitz, Selfkant aus Nordrhein-Westfalen, List auf Sylt und das bayerische Oberstdorf leben seit Jahren die Einheit. Einheitssuppe für HungrigeEin Mitarbeiter händigt beim Eintritt in das Zelt den bordeauxroten Zipfelpass aus. Wer innerhalb von vier Jahren alle Zipfelgemeinden besucht und das im "Pass" abstempeln lässt, bekommt ein großes Zipfel-Paket mit Überraschendem aus den vier Orten. Als Schmankerl bietet Suppenkoch Mario Berg hier eine Einheitssuppe an - mit Zutaten aus allen 16 Bundesländern. "Wir zeigen, wie gut eine Zusammenarbeit laufen kann." Nebenan werben die Sachsen für ihre Museenlandschaft - schließlich heißt das Motto "Kulturnation Deutschland". Der Künstler Yadegar Asisi hat zum Einheitstag das Bild "Der Strom" gemalt. Es solle die Verbindung zwischen Hamburg und Dresden durch die Elbe symbolisieren. Schon vor dem Fall der Mauer wurde 1987 eine Partnerschaft zwischen den beiden von Bomben im Zweiten Weltkrieg zerstörten Städten besiegelt. Als im Mai 1989 zum 800. Hamburger Hafengeburtstag erstmals nach Jahrzehnten mit dem Dampfer "Dresden" wieder ein Schiff aus Sachsen in die Hansestadt schipperte, war der Jubel an den Landungsbrücken groß. Vieles ist in 18 Jahren zusammengewachsen. Es wird aber am Freitag auch betont, dass Schüler stärker für DDR-Geschichte sensibilisiert werden müssen. Eine Studie des Forschungsverbundes SED-Staat der Freien Universität Berlin hat große Lücken offengelegt. Willy Brandt war nach Meinung einiger Schüler ein DDR-Politiker, die Stasi ein harmloser Geheimdienst, und unter Erich Honecker gab es demokratische Wahlen. Mehr DDR auf den Lehrplänen wird nun gefordert. Ein Beispiel für anschaulichen Geschichtsunterricht haben sich die Modellbauer des Miniatur-Wunderlandes an der Festmeile einfallen lassen. In sieben Stationen werden Teilung und Mauerfall dargestellt: Die ersten Schlagbäume, Häuserfenster an der Bernauer Straße in Berlin, die 1961 zugemauert wurden, der NVA-Soldat Conrad Schumann, dessen Sprung über eine Stacheldrahtrolle in den Westen zur Bild-Ikone des Kalten Krieges wurde. An der Station nach dem Mauerfall halten - etwas klischeehaft - DDR-Bürger Bananen in der Hand, freudentrunkene Bürger entern mit Deutschland-Fahnen die Mauer. Die Ausstellung wurde von Ost- und Westdeutschen gemeinsam erarbeitet. Der neun Jahre alte Fabian aus Essen kann mit der Geschichtsstunde im Miniaturformat trotz der Erklärungsversuche seiner Mutter wenig anfangen: "Mama, was für ne' Maueröffnung meinst Du denn?"

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