Eine Magisterarbeit mit Folgen

Der gebürtige Saarbrücker Martin Haberstroh wollte eigentlich nur seine Magisterarbeit über den renomierten kanadischen Theaterregisseur Robert Lepage schreiben, doch daraus wurde mehr. Der 34-Jährige hat eine Hauptrolle in Lepages neuem Stück übernommen und geht ab Mitte Mai auf Welttournee.

 Der gebürtige Saarbrücker Martin Haberstroh organisiert in der saarländischen Landeshauptstadt seit drei Jahren das Studenten- Theaterfestival Grafiti. Foto: Olivier Lemarchand

Der gebürtige Saarbrücker Martin Haberstroh organisiert in der saarländischen Landeshauptstadt seit drei Jahren das Studenten- Theaterfestival Grafiti. Foto: Olivier Lemarchand

Saarbrücken/Madrid. Die Bretter, auf denen der Saarbrücker Martin Haberstroh in diesem Jahr steht, können unterschiedlicher kaum sein. Dicke, dünne, lange und kurze - er nimmt sie, wie sie kommen. Sie bedeuten ihm die Welt.Gerade hat er eine Woche Studententheaterfestival in Saarbrücken erfolgreich über die Bühne gebracht. "Es war wieder eine sehr anstrengende, aber auch eine sehr bereichernde Woche", sagt der 34-jährige künstlerische Leiter von Grafiti. Haberstroh ist sehr kommunikativ. Er spricht schnell, reißt kleine Witzchen und erklärt sehr detailliert seine Projekte. Seit drei Jahren organisiert er gemeinsam mit Tom Streeb das Festival in Saarbrücken und bringt dort studentische Theatergruppen aus Frankreich, Luxemburg, Belgien und Deutschland zusammen. Fremdem begegnen, Fremdes verstehen - das interessiert Haberstroh seit seiner Jugend. "Als Schüler habe ich ein Jahr in einer spanischen Gastfamilie gelebt und nach dem Abitur an der Saarbrücker Uni Interkulturelle Kommunikation studiert."

Ende Juli wird Haberstroh seine langjährige Freundin heiraten. Die beiden leben in Frankfurt und pendeln oft nach Saarbrücken - hier sind die Familie und die Theaterprojekte. Wie intensiv sich Haberstroh im Festivaljahr 2013 einbringen kann, wird sich zeigen. Ab kommender Woche warten riesige Bretter auf ihn. Diese liegen in einem der renommiertesten Theater von Madrid. "Ab 9. Mai spiele ich im neuem Stück 'Playing Cards 1' von Robert Lepage im Teatro Circo Price", erzählt der eher selbstbewusst wirkende Haberstroh - als ginge es um eine Komparsenrolle. Dabei spielt er eine Hauptrolle in der Inszenierung des weltbekannten Kanadiers. Lepage feierte kürzlich mit seinen Wagner-"Ring"-Inszenierungen an der New Yorker Met große Erfolge. Bekannt wurde er als Gründer der Theaterkompagnie "Ex Machina", die seit Anfang der 90er auf den wichtigsten Festivals in Europa, Australien, Japan und Amerika zu Hause ist.

Dass der ungelernte Schauspieler Haberstroh in einer Inszenierung von Lepage mitwirkt, scheint erst mal ungewöhnlich, ist jedoch konsequent. Nachdem er zu Beginn seines Studiums den kanadischen Regisseur und Schauspieler im Carreau in Forbach erlebte, war er vom Theater begeistert. "Lepage ist der Meister des Trivialen. Mit seinen einfachen, aber klaren Worten hat er mich persönlich sehr berührt", sagt Haberstroh. 2000 reiste der Student Haberstroh für seine Magisterarbeit zum ersten Mal nach Kanada. "Ich konnte dank einer Empfehlung meines Saarbrücker Professors Lüsebrink Lepage bei der Probenarbeit zusehen." Nach wenigen Tagen wurde der gebürtige Saarbrücker dann auch schon von Lepage als Statist über die Bühne geschickt. "Eigentlich war ich ja für die Wissenschaft in Quebec, aber diese Zeit bei Lepage hat mein Leben verändert." Noch vor seiner Rückkehr nach Deutschland entwarf er mit Studenten in Quebec ein Performance-Stück. Die Magisterarbeit "Die Interkulturalität im Werk von Lepage" wurde mit großem Ehrgeiz zu Ende gebracht und eigene Theater-Projekte ins Visier genommen. "Ein Freund fragte mich, ob ich bei der Gründung einer spanischen Theatergruppe dabei wäre." Natürlich war Haberstroh dabei und die Gruppe "Los Mutantes" sein neues Projekt. Haberstroh hat viel Energie. Wenn er über seine Projekte spricht, reißt er die Zuhörer mit. Ein Trumpf, der ihm bei der Organisation von Amateurtheater-Projekten hilft.

Der Kontakt zu Lepage wurde mit der Zeit immer loser. Aber für Haberstroh blieb Lepage wichtig, "es ist der Schüler, der seinen Meister wählt", beschreibt Haberstroh das Verhältnis. Im Juni 2009 traf er seinen Meister erneut. "Meine Mutter hatte mir einen Zeitungsartikel über Roberts neues Stück in London ausgeschnitten, und nach kurzem Zögern habe ich mich entschieden hinzufahren, um das Stück zu sehen. Der Moment war günstig, nach der Aufführung sind wir zusammen essen gegangen. Nach diesem schönen Abend war klar, dass ich beim nächsten Projekt 'Playing Cards 1' dabei bin." Allerdings dachte Haberstroh, er werde im Bereich Dramaturgie oder an anderer Stelle als Assistent eingesetzt. "Doch schon bei der ersten Probe 2009 schickte mich Lepage auf die Bühne." Das Stück spielt im Jahr 2003, als die USA in den Irak einmarschierten, es wurde von den Schauspielern gemeinsam mit dem Regisseur entwickelt. Bei Haberstroh wich die Freude über die Teilnahme an diesem Projekt zunächst Angst und Panik. "Es war wirklich sehr schwer für mich. Die anderen fünf Darsteller sind ausgebildete Schauspieler, und ich habe eigentlich nie vor großem Publikum gespielt." In Madrid werden 2000 Menschen im Publikum sitzen, und damit nicht genug. Haberstroh wird mit der Gruppe auf Welttournee gehen. "Wir spielen in Toronto und auf der Ruhrtriennale." Im nächsten Jahr steht er dann je einen Monat im Pariser Odeon und dem Londoner Roundhouse auf der Bühne und damit wieder auf Brettern, die kaum dicker sein könnten.

Zur Person

 Ab kommender Woche steht er in Robert Lepages neuem Stück in Madrid auf der Bühne. FotoS: Erick Labbe

Ab kommender Woche steht er in Robert Lepages neuem Stück in Madrid auf der Bühne. FotoS: Erick Labbe

 Mit der Produktion geht Haberstroh auf Welttournee. Auch bei der Ruhrtriennale in Essen, in Toronto und in Paris wird er spielen.

Mit der Produktion geht Haberstroh auf Welttournee. Auch bei der Ruhrtriennale in Essen, in Toronto und in Paris wird er spielen.

Der kanadische Regisseur Robert Lepage, 1957 in Quebec geboren, arbeitet meist als Theaterregisseur, aber auch als Schauspieler und Filmregisseur ("Die andere Seite des Mondes"). Stücke seiner Kompagnie "Ex-Machina" wurden auch in Forbach gezeigt. In New York inszenierte er gerade erfolgreich Wagners "Ring". klö

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Wahl-SonntagFür die Bundeskanzlerin wird am Sonntag besonders spannend: Drei Wahlen - Schleswig-Holstein, Frankreich und Griechenland - werden auch in Berlin Weichen stellen. Deren Ausgang kann Angela Merkel das Regieren möglicherweise erheblich erschwere
Wahl-SonntagFür die Bundeskanzlerin wird am Sonntag besonders spannend: Drei Wahlen - Schleswig-Holstein, Frankreich und Griechenland - werden auch in Berlin Weichen stellen. Deren Ausgang kann Angela Merkel das Regieren möglicherweise erheblich erschwere
Arbeitswelt im Wandel!Gewerkschaften, Betriebsräte und Firmen in modernen Zeiten. Fragen nach der Zukunft und Alternativen zum gegenwärtigen Wirtschaftssystem stehen im Mittelpunkt einer neuen mehrteiligen Serie der Saarbrücker Zeitung. Teil 9: Frauen am
Arbeitswelt im Wandel!Gewerkschaften, Betriebsräte und Firmen in modernen Zeiten. Fragen nach der Zukunft und Alternativen zum gegenwärtigen Wirtschaftssystem stehen im Mittelpunkt einer neuen mehrteiligen Serie der Saarbrücker Zeitung. Teil 9: Frauen am
Das sei keine Jubelveranstaltung, das sei nicht wie ein normaler Parteitag, sagte DGB-Chef und SPD-Parteivize Eugen Roth gestern bei seiner Rede in der Dillinger Stadthalle und sprach dabei offenbar vielen Delegierten des SPD-Parteitages aus der Seele. Au
Das sei keine Jubelveranstaltung, das sei nicht wie ein normaler Parteitag, sagte DGB-Chef und SPD-Parteivize Eugen Roth gestern bei seiner Rede in der Dillinger Stadthalle und sprach dabei offenbar vielen Delegierten des SPD-Parteitages aus der Seele. Au