Einblick in die bischöfliche „Blackbox“

Trier · Die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat längst auch die anderen Diözesen erfasst. Wie reich sind die Bistümer wirklich? Inzwischen legen einige ihre Finanzen offen: Trier hat über 80 Millionen Euro auf der hohen Kante.

Als Stephan Ackermann am Sonntagabend bei Günther Jauch seinem Limburger Mitbruder den Rücktritt wärmstens ans Herz legte, da waren viele Fernsehzuschauer überrascht über die klaren Worte des Trierer Bischofs. Die fielen kurz darauf aber schon etwas weniger klar aus, als sich der Moderator über den Bischöflichen Stuhl und das dahinter stehende Vermögen erkundigte. "Ist das eine Black Box", fragte Jauch, und Ackermann erzählte über längst vergangene Zeiten, "als es die Kirchensteuer nicht gab und der Bischof Verantwortung hatte für den Unterhalt von Priestern, Diakonen und Mitarbeitern".

Bei so viel Abschweifen wurde es selbst dem ehemaligen CDU-Bundesminister Norbert Blüm zu bunt. "Ich erwarte von meiner Kirche, dass sie die Finanzen offenlegt", forderte Blüm. "Um eine Fürsorgepflicht zu erfüllen, brauche ich keine schwarze Kasse."

Blüm war in den vergangenen Tagen nicht der Einzige, der die katholischen Oberhirten zu mehr Offenheit und Transparenz ermahnte. Hintergrund: das offenkundige Gemauschel und die Finanztricksereien beim Bau der neuen Bischofsresidenz in Limburg. Zu Beginn der Arbeiten war von fünf Millionen Euro die Rede, inzwischen sind es über 30 Millionen Euro. Dass das Geld größtenteils nicht von den Kirchensteuerzahlern kommen soll, sondern vom Bischöflichen Stuhl in Limburg, hat die Kritiker von Bischof Tebartz-van Elst nicht verstummen lassen. Im Gegenteil. Inzwischen wird auch das Finanzgebaren in den übrigen 26 deutschen Bistümern kritisch hinterfragt. Dabei geht es weniger um den von jedermann einsehbaren Haushalt eines Bistums, als vielmehr um das unter Verschluss gehaltene Vermögen des Bischöflichen Stuhls.

Einer der ersten Oberhirten, der die eigenen Zahlen bereitwillig veröffentlichte (2,2 Millionen Euro), war der Essener Franz-Josef Overbeck. Andere Bistümer folgten dem Beispiel Overbeck: Münster "beichtete" 2,37 Millionen Euro Geldvermögen, Speyer 46,5 Millionen Euro. Gestern Nachmittag folgte auch das Bistum Trier, nachdem etliche Medien zuvor vergeblich nachgefragt hatten. Ein möglicher Grund der zurückhaltenden Informationspolitik liegt auf der Hand: Das Vermögen des Bischöflichen Stuhls in Trier ist beträchtlich. Allein der bilanzielle Wert von Kapitalanlagen, Darlehensforderungen und Liquidität wird auf 84 Millionen Euro beziffert. Hinzu kommen 38 Gebäude, darunter 14 Wohnhäuser, für die keine aktuelle Marktbewertung vorliege, so das Bistum. Die Erträge hätten 2012 "nach Gebäudeunterhalt und anderen Aufwendungen bei rund einer Million Euro" gelegen. Der Bischöfliche Stuhl ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er ist unabhängig von anderen Körperschaften, etwa dem Bistum. Das Vermögen des Bischöflichen Stuhls besteht aus Immobilien und Geldanlagen. Er bekommt keine Einnahmen aus der Kirchensteuer. Die Erträge darf der Bischof zur Erfüllung seiner Aufgaben nutzen, nicht jedoch für private Zwecke.

Schon die Weimarer Verfassung befreite die Bischöfe von der Pflicht zur Offenlegung. Und auch heute muss über Einkünfte oder Ausgaben gegenüber staatlichen Stellen keine Rechenschaft abgelegt werden. Unabhängig vom Bischöflichen Stuhl ist der Haushalt des Bistums. Größter Einnahmeposten der Kirche ist die Kirchensteuer. In diesem Jahr kalkuliert das Bistum Trier mit 260 Millionen Euro. Hinzu kommen geschätzt 15 Millionen Euro Staatsleistungen. Die rechtlichen Grundlagen dafür haben historische Wurzeln. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden alle Güter von Bistümern den Fürsten übereignet. Die Fürsten verpflichteten sich, den Kirchen Dotationen zu zahlen. Dieser Ausgleich wird heute noch gezahlt, etwa für Bischofsgehälter. Der Trierer Bischof bekommt vom Steuerzahler um die 8000 Euro brutto im Mo nat.

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