Ein Thronfolger, der nie Kaiser wurde

Pöcking/Wien. Noch im hohen Alter leuchteten seine Augen, wenn er über Politik sprach. Der "homo politicus" Otto von Habsburg, ältester Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, bestieg nie den Thron - und wurde überzeugter Parlamentarier

Pöcking/Wien. Noch im hohen Alter leuchteten seine Augen, wenn er über Politik sprach. Der "homo politicus" Otto von Habsburg, ältester Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, bestieg nie den Thron - und wurde überzeugter Parlamentarier. Habsburg, der für die CSU insgesamt 20 Jahre als Abgeordneter im Europaparlament saß, vier europäische Pässe hatte und 31 Jahre lang die Internationale Paneuropa-Union leitete, konnte nicht anders: "Ich komme aus einer Familie, die schon vor 600 Jahren in der Politik war", sagte er einmal. "Da sind die Gene schon so verformt, dass man einfach Politiker werden muss."Gestern Morgen starb der 22-fache Großvater und zweifache Uropa friedlich in seinem Haus in Pöcking am Starnberger See im Beisein seiner sieben Kinder. Wie seine Sprecherin und Biografin Eva Demmerle berichtete, soll sein Sarg Mitte Juli an den Regierungssitz des Vaters zurückkehren: Otto von Habsburg und seine bereits Anfang 2010 gestorbene Frau Regina werden in der Kaisergruft der Habsburger in Wien beigesetzt. Sein Herz soll im ungarischen Kloster Pannonhalma beerdigt werden. Dies entspreche der Tradition der Familie, in der es stets eine eigene Herzbestattung gegeben habe, hieß es.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte Otto von Habsburg einen "großen Europäer", der dem europäischen Einigungswerk Zeit seines reichen Lebens wichtige Impulse verliehen habe. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte: "Er wird unvergessen bleiben als Anwalt Europas, als Verteidiger der Freiheit und Bewahrer des Glaubens und unserer Werte."

Eigentlich sollte Otto Kaiser werden. Doch die dramatischen Wirren des Ersten Weltkriegs brachten ihn um diese Chance. Otto von Habsburg betrachtete sich noch jahrzehntelang als ersten Anwärter auf den Thron des österreichischen Kaisers und ungarischen Königs, auch KuK-Monarchie genannt. Erst 1961 sprach er seinen offiziellen Verzicht auf das Amt aus, das die österreichische Regierung ein Jahr nach dem Zusammenbruch am Ende des Ersten Weltkriegs zusammen mit allen Adelsprivilegien abgeschafft hatte. Die Aussöhnung gelang mit den in Österreich regierenden Sozialisten im Jahr 1972.

Der Mann, der am 20. November 1912 in Niederösterreich als Franz Josef Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xaver Felix Renatus Ludwig Gaetan Pius Ignatius, Kaiserlicher Prinz, Erzherzog von Österreich und Königlicher Prinz von Ungarn geboren wurde, war mit vier Jahren durch die Kaiserkrönung seines Vaters Karl der Thronfolger. Doch als Sechsjähriger musste Otto mit seiner Familie Österreich verlassen. Die Habsburger wollten nicht auf alle Adelstitel verzichten. Otto wuchs in Belgien und Spanien auf und wurde 1922 das offizielle Oberhaupt des Adelshauses Habsburg.

Schon vor dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland engagierte sich der junge Adelige gegen die Nazis, die er hasste und verachtete. Nach der Niederlage Frankreichs gegen Deutschland 1940 half er mit, rund 10 000 Juden vor den Nazi-Schergen in Sicherheit zu bringen. Nach einer Zeit in den USA zog er 1954 nach Pöcking am Starnberger See, wo er bis zu seinem Tod lebte.

"Er wird unvergessen bleiben

als Anwalt Europas."

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

Hintergrund

 Otto von Habsburg bei einem Auftritt 2008 in Wien. Foto: dpa

Otto von Habsburg bei einem Auftritt 2008 in Wien. Foto: dpa

Die Kaisergruft unter der Kapuzinerkirche in der Wiener Innenstadt ist die Familiengruft der Habsburger. Zwölf Kaiser und 19 Kaiserinnen dreier Jahrhunderte liegen dort in geschlossener Reihe. Insgesamt haben 146 Mitglieder des Herrscherhauses in der Gruft ihre letzte Ruhe gefunden. Die Ruhestätte der Habsburger wurde von Kaiserin Anna (1585-1618) gestiftet. Die Gruft wird jährlich von mehreren 100 000 Touristen besucht. Die Särge sind kunsthandwerklich gestaltet und überwiegend in Zinn ausgeführt. Unter großer internationaler Aufmerksamkeit wurde im Jahr 1989 Kaiserin Zita in der Familiengruft bestattet. Zuletzt wurde Carl Ludwig Habsburg-Lothringen, Sohn von Zita und Karl I., im Jahr 2008 dort beerdigt. dpa

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