Ein Roman als Versteck für Bankunterlagen aus der Schweiz

Saarbrücken. Thomas Dastbaz Momtaz hat so seine Erfahrung mit dem Tricksen, Tarnen und Täuschen. Wenn der 33 Jahre alte Chef der saarländischen Steuerfahndung und seine Leute bei einem Steuerhinterzieher klingeln und ihm den Durchsuchungsbeschluss präsentieren, ist es meist zu spät. Zu spät für den Versuch, sich schnell noch aus allem herauszureden

 Mit solchen Dienstmarken weisen sich die Fahnder aus. Foto: dpa

Mit solchen Dienstmarken weisen sich die Fahnder aus. Foto: dpa

Saarbrücken. Thomas Dastbaz Momtaz hat so seine Erfahrung mit dem Tricksen, Tarnen und Täuschen. Wenn der 33 Jahre alte Chef der saarländischen Steuerfahndung und seine Leute bei einem Steuerhinterzieher klingeln und ihm den Durchsuchungsbeschluss präsentieren, ist es meist zu spät. Zu spät für den Versuch, sich schnell noch aus allem herauszureden. Denn blindes Vertrauen ist von Berufs wegen nun einmal "nicht unser Geschäft", wie Dastbaz Momtaz sagt.

Der Jurist könnte eine Menge Geschichten erzählen aus den vergangenen Tagen, als er und seine Kollegen in der bundesweiten Steueraffäre im Saarland mit Hausdurchsuchungen begonnen haben. Bei einem, der sein Geld in der Schweiz deponiert und nicht versteuert hatte, fanden sie auf einer Seite in einem Roman die Bankverbindung samt Telefonnummer des zuständigen Bankmitarbeiters. In einem anderen Fall entdeckten sie in einer alten Mülltonne viel Asche und verkohlte Papierschnipsel mit Bankdaten. Keine Unterlagen mehr da, wollte der Betrüger den Ermittlern zu verstehen geben, ihr könnt verschwinden. Doch die fielen nicht darauf herein, fingen mit der Suche erst richtig an - und fanden im Keller des Hauses einen Koffer mit den gesammelten Schweizer Kontobelegen.

Eine "Druck- und Stress-Situation" sei jede Durchsuchung für beide Seiten, sagt Dastbaz Momtaz. Einige, bei denen sie klingeln, "brechen förmlich in sich zusammen, andere werden aggressiv". Es gab auch Fälle, bei denen die Fahnder die Steuerhinterzieher nicht zu Hause antrafen und den Schlüsseldienst riefen. Dann muss aber ein Zeuge dabei sein, ein Bediensteter der jeweiligen Kommune.

Ermittlungen in der Steueraffäre sind das Hauptgeschäft der 25 saarländischen Steuerfahnder, seitdem viele Hinterzieher wegen der Diskussion über den Kauf einer CD mit gestohlenen Bankdaten aus der Schweiz kalte Füße bekommen und sich selbst angezeigt haben. Bund und Länder hatten einem Informanten die CD für 2,5 Millionen Euro abgekauft. Die Namen von sechs Steuerpflichtigen aus dem Saarland standen auch darauf. "Das Material war echt", sagt der saarländische Finanz-Staatssekretär Gerhard Wack. Rund 16 000 Euro hat sein Ministerium dafür ausgegeben. Ein gutes Geschäft, wenn man bedenkt, dass durch Selbstanzeigen mindestens 20 Millionen Euro in die Haushalte des Landes und der Kommunen gespült werden.

Und die Fahndung geht unvermindert weiter. Wie viele Hausdurchsuchungen es bisher gab, will Wack "aus ermittlungstaktischen Gründen" nicht verraten. Nur soviel: "Einige" seien es gewesen - und alles "Volltreffer". Weitere Aktionen würden folgen.

Wenn Wack über das Ausmaß der Steueraffäre spricht, gerät auch der sonst so nüchtern-sachliche Verwaltungsjurist ins Staunen. Seit 1974 arbeite er in der Finanzverwaltung, erzählt er gerne dieser Tage, aber einen solchen Fall? "Das Ausmaß hat mich schon betroffen gemacht." 124 Selbstanzeigen gingen bis gestern bei den Finanzämtern ein - allein elf am Donnerstag, ein neuer Rekord. Diejenigen, die sich den Behörden offenbarten, hatten ihr Geld auf einem Konto in der Schweiz oder in Luxemburg gebunkert. Sie gehören nach Wacks Worten zur "gutverdienenden Oberschicht". Unternehmer und Freiberufler seien darunter, aber auch "höhergestellte Beamte" und eine "reiche Witwe".

Das meiste seien "dicke Fälle", nur bei wenigen gehe es um ein paar tausend Euro. Man darf gespannt sein, was da noch alles ans Tageslicht kommt. Fragen nach bekannten Persönlichkeiten unter den Steuersündern blockt Wack ab. Er erzählt lieber von einem Befund, der ihn selbst verblüfft habe: Das Alter der Selbstanzeiger spiele eine "merkwürdige Rolle". Zwei Drittel seien schon jenseits der 60, nur ganz wenige jünger als 50. Und: In 80 Prozent der Fälle sei die Selbstanzeige über den Steuerberater gekommen. "Wir werden uns die Freiheit nehmen, an der einen oder anderen Stelle genau nachzuschauen, wo das Geld hergekommen ist", sagt Wack. Eigentlich sei die Klientel, um die es jetzt geht, regelmäßig beraten worden. "Das sind alles keine Kavaliersdelikte", unterstrich der Staatssekretär - und wies schon einmal darauf hin, dass den Tätern bei hinterzogenen Millionenbeträgen mehrjährige Haftstrafen drohten.

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