Ein Recht auf Nichtwissen

Warum dauerte das Gesetzgebungsverfahren so lange?Bereits vor sieben Jahren hatte die Enquete-Kommission "Recht und Ethik in der modernen Medizin" ein Gesetz zum Umgang mit genetischen Untersuchungen am Menschen gefordert. Aber die Details blieben strittig

Warum dauerte das Gesetzgebungsverfahren so lange?Bereits vor sieben Jahren hatte die Enquete-Kommission "Recht und Ethik in der modernen Medizin" ein Gesetz zum Umgang mit genetischen Untersuchungen am Menschen gefordert. Aber die Details blieben strittig. Zuletzt gab die SPD einer Forderung der Union nach, bei ungeborenen Kindern den Gentest von Krankheiten zu verbieten, die erst im Erwachsenen-Alter ausbrechen. Die Union argumentierte, ohne dieses Verbot käme es zu mehr Abtreibungen, ohne dass klar sei, dass solche Krankheiten später auch ausbrechen.Sind alle schweren Krankheiten durch Gentests vorhersehbar?Nein. Für die meisten schweren Erkrankungen (etwa Prostatakrebs) kann durch Gentests nur ein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden. Seltene Erkrankungen wie das Nervenleiden Chorea Huntington sind mittels Gentests aber klar vorhersehbar. Das neue Gesetz regelt generell, dass kein Mensch zu genetischen Untersuchungen verpflichtet ist. Sie dürfen nur mit Einwilligung des Patienten und durch einen Arzt vorgenommen werden. Auch eine Beratung des Patienten ist in diesem Fall zwingend vorgeschrieben. Jeder hat also auch das Recht auf Nichtwissen.Was ist für die Arbeitswelt geregelt? Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber keine Gentests von ihren Mitarbeitern verlangen. Aber es gibt Ausnahmen. Überall dort, wo Arbeitnehmer mit Fremdstoffen wie etwa in der Chemie-Industrie hantieren, muss der Arbeitgeber auf einer Untersuchung des Mitarbeiters bestehen, um gesundheitliche Schäden auszuschließen. Auch Piloten und Kraftfahrer müssen einen Test auf Farbblindheit in Kauf nehmen.Was gilt für die Versicherungswirtschaft?Versicherer dürfen weder vor noch nach Abschluss eines Versicherungsvertrages eine genetische Untersuchung verlangen. Sie können aber auf die Ergebnisse von bereits erfolgten Gentests bestehen, wenn es um Lebensversicherungssummen ab 300 000 Euro oder Verträge über eine jährliche Rente von mehr als 30 000 Euro geht. So soll ausgeschlossen werden, dass eine Person mit wissentlich geringer Lebenserwartung die Angehörigen zum Nachteil der übrigen Versichertengemeinschaft absichert.Wie sind Vaterschaftstests geregelt?Um sich Klarheit über den Vater des Kindes zu verschaffen, ist eine genetische Untersuchung nur dann zulässig, wenn das Kind beziehungsweise der jeweils andere potenzielle Elternteil einwilligen. Heimliche Vaterschaftstests bleiben also verboten. Bei Verstößen gelten unterschiedliche Bußgeldrahmen. Bei Vater, Mutter und Kind sind es bis zu 5000 Euro. Falls jedoch zum Beispiel der Schwiegervater eine Untersuchung ohne Einwilligung der Betroffenen veranlasst, wird eine Strafe von bis zu 50 000 Euro fällig.Was ist noch zu beachten?Vorgeburtliche Gentests sind auf medizinische Zwecke beschränkt. Untersuchungen auf Behinderungen wie zum Beispiel das Down-Syndrom bleiben erlaubt. Eine Schwangere kann aber nicht mehr einen Gentest in Auftrag geben, nur um das Geschlecht ihres ungeborenen Kindes zu bestimmen. Erhält der Arzt bei einer medizinisch veranlassten Untersuchung darüber Kenntnis, darf er der Frau das Ergebnis auf Wunsch nach der zwölften Schwangerschaftswoche mitteilen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort