Ein prominenter Name und ein schwerer Vorwurf

Saarbrücken. Der Vorwurf ist gravierend und hat eine pikante Note: Über Jahre hinweg soll Hans-Kurt Hill (Heusweiler, Foto: SZ), ehemaliger Landeschef der PDS im Saarland und seit 2005 Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, dem saarländischen Verfassungsschutz Informationen aus und über die linke Szene im Saarland geliefert haben

Saarbrücken. Der Vorwurf ist gravierend und hat eine pikante Note: Über Jahre hinweg soll Hans-Kurt Hill (Heusweiler, Foto: SZ), ehemaliger Landeschef der PDS im Saarland und seit 2005 Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, dem saarländischen Verfassungsschutz Informationen aus und über die linke Szene im Saarland geliefert haben. Im Zuge dieser Tätigkeit "bin auch ich bespitzelt worden", sagte Hans Lafontaine (Foto: Iris Maurer) der Saarbrücker Zeitung. Als Beleg führt er ein graphologisches Gutachten an, in dem seiner Ansicht nach zweifelsfrei festgestellt wird, "dass handschriftliche Anmerkungen in den Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz aus 2005 und 2006, die sich in meinem Besitz befinden, vom Bundestagsabgeordneten Hill angefertigt worden sind".

Dem Vorwurf gingen umfangreiche juristische Auseinandersetzungen zwischen Hans Lafontaine und dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) voraus. Lafontaine, der als Rechtsanwalt in Saarbrücken arbeitet und 2005 und 2006 für den neu gewählten Bundestagsabgeordneten Hill tätig war (als Mitarbeiter im Wahlkreisbüro), gewann damals nach eigenen Angaben den Eindruck, ausgeforscht zu werden. Sein Streit mit dem LfV um die Herausgabe von Akten über seine Person habe ihn in dieser Vermutung bestätigt. Ständig habe das LfV entsprechende Auskünfts-Anträge abgelehnt, doch schließlich sei seine Auskunftsklage - nach vergeblichen Versuchen beim Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht in Saarlouis - vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erfolgreich gewesen. Zwar seien die schließlich vorgelegten Akten "an entscheidenden Stellen" geschwärzt worden, dennoch habe er auf zahlreichen Schriftstücken des Verfassungsschutzes "eindeutig" die Handschrift Hills erkannt, sagte Lafontaine gegenüber unserer Zeitung. Endgültige Sicherheit habe er sich durch ein graphologisches Gutachten der französischen Schriftexpertin Laurence Kessler (Straßburg) verschafft.

Dem Vernehmen nach hat Hans Lafontaine auch seinen Bruder Oskar und den Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi über den Sachverhalt unterrichtet und die Vorwürfe gegen Hill formuliert. Gysi hat nach Informationen der SZ daraufhin gleich zwei graphologische Gutachten anhand des vorliegenden Materials anfertigen lassen - die beide zu einer anderen Einschätzung kamen. Tenor: Es gibt "keine Anhaltspunkte für eine Urheberschaft des Vergleichsschreibers" (Hill). Auch bei einem Gespräch in Berlin mit den Fraktionschefs Lafontaine und Gysi beteuerte der Abgeordnete Hill, niemals Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gewesen zu sein. Während sich Oskar Lafontaine diesbezüglich in seinem Urteil zurück hält, beharrt Bruder Hans auf seiner Überzeugung, dass Hill in Diensten des Saar-Verfassungsschutzes gestanden habe.

Der Abgeordnete, der von der renommierten Anwaltskanzlei Müller & Heimes (Saarbrücken) vertreten wird, bezeichnet die Vorwürfe als "dummes Zeug". Auch für seine Mitarbeiter im Wahlkreisbüro lege er "die Hände ins Feuer", sagte er unserer Zeitung. Die behaupteten Kontakte zu dem Linkenpolitiker Hill bestreitet auch der Chef des Verfassungsschutzes, Helmut Albert: "Hill war nie Quelle des LfV, zu keiner Zeit". red

Hintergrund

Der Verfassungsschutz hat unter anderen die Aufgabe, verfassungsfeindliche Bestrebungen aufzuspüren und extremistische Organisationen zu beobachten. Um dies zu gewährleisten, bedient er sich so genannter V-Männer, die oftmals aus dem direkten Umfeld der betroffenen Organisation kommen. Nach dem Zusammenschluss von PDS und WASG wurde auch die neue Linkspartei beobachtet, obwohl sie im Bundestag und Landtagen vertreten ist und demokratisch gewählt wurde. Im Saarland hat das LfV die Beobachtung der Linkspartei Ende 2007 eingestellt. Bereits einige Monate zuvor waren Datensätze über den Linken-Vorsitzenden und ehemaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine gelöscht worden. red

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