Ein Präsident erlebt sein WaterlooNichtwähler haben in Forbach die Nase weit vorn

Paris. Knapp drei Jahre nach seinem Amtsantritt steckt der französische Präsident Nicolas Sarkozy in einer der tiefsten Krisen seiner politischen Karriere. Der triumphale Sieg der Linken in der ersten Runde der Regionalwahlen macht ihm den Ernst der Lage drastisch deutlich. Zwischen den Wählern und dem bürgerlichen Regierungslager gibt es eine massive Vertrauenskrise

Paris. Knapp drei Jahre nach seinem Amtsantritt steckt der französische Präsident Nicolas Sarkozy in einer der tiefsten Krisen seiner politischen Karriere. Der triumphale Sieg der Linken in der ersten Runde der Regionalwahlen macht ihm den Ernst der Lage drastisch deutlich. Zwischen den Wählern und dem bürgerlichen Regierungslager gibt es eine massive Vertrauenskrise. Frankreichs Wähler hatten Sarkozys Partei UMP am Sonntag eine eindeutige Absage erteilt. Linke Parteien erhielten landesweit 53 Prozent aller Stimmen, während die konservativen Parteien auf nur 39 Prozent kamen.Die Kommentatoren sprachen von einem "Waterloo" für die Regierung. Nach dieser Schlappe versucht die UMP nun, ihre Wähler für die zweite Runde am kommenden Sonntag zu mobilisieren. Denn die Wahlbeteiligung ist im ersten Durchgang mit 46 Prozent auf ein Rekordtief gefallen. Will der einst als "Speedy Sarko" gefeierte Staatschef eine zweite Amtszeit, muss er in den kommenden Monaten viel Überzeugungsarbeit leisten. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch schlecht. Die durch die Wirtschaftskrise gebeutelte Industrie baut trotz massiver Staatshilfen tausende Stellen ab. Die mit etwa zehn Prozent erschreckend hohe Arbeitslosigkeit wird vermutlich weiter steigen. Die geplante Erhöhung des Rentenalters lässt weitere soziale Spannungen erwarten. Die Opposition darf vor diesem Hintergrund auf einen belebenden Frühling hoffen. Sozialisten-Chefin Martine Aubry wertete das Wahlergebnis als eine deutliche Strafe für die "ungerechte Politik" der Regierung. Manche Medien in Frankreich sehen in der 59-Jährigen bereits eine linke Angela Merkel. Ein Berater Aubrys soll ihr empfohlen haben, sich ein Beispiel am Auftreten an der Bundeskanzlerin zu nehmen. Bis in den Élyséepalast ist der Weg allerdings noch weit. Bereits bei den letzten Regionalwahlen vor sechs Jahren hatten die Sozialisten haushoch gewonnen. Ihre Kandidatin Ségolène Royal war jedoch 2007 bei der Präsidentenwahl knapp an Sarkozy gescheitert. Die französischen Grünen haben es in der ersten Runde der Regionalwahlen nicht geschafft, ihren sensationellen Erfolg der Europawahl fortzusetzen. Mit mehr als zwölf Prozent auf nationaler Ebene ist das Bündnis für die wiedererstarkten Sozialisten ein unverzichtbarer Partner. Mit Schrecken blicken die demokratischen Parteien vor der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag nach rechts. Dort hat der bereits politisch totgesagte Jean-Marie Le Pen (81) wieder einmal für einen Überraschungserfolg gesorgt. Mit anti-muslimischen Parolen und Fremdenhass holten die Rechtsextremen in der ersten Runde zwölf Prozent.Saarbrücken. So stark war die Linke in Lothringen schon lange nicht mehr. Die vom Regionalratspräsidenten Jean-Pierre Masseret angeführte Listenverbindung von Sozialisten und Kommunisten schaffte am Sonntag im ersten Anlauf 36 Prozent der Stimmen. Damit ließ sich die konservative Regierungspartei UMP mit Spitzenkandidat Laurent Hénart, die auf 23,8 Prozent kam, weit hinter sich. Zugleich schafften die Grünen, die in Frankreich zur Linken tendieren, immerhin 9,1 Prozent. Damit hat Masseret für den zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag bereits ein dickes Polster. Trotzdem sagte er zur Metzer Zeitung "Républicain Lorrain": "Wir müssen konzentriert bleiben. Das Ergebnis ist sicher ermutigend, aber es kommt ja noch die zweite Runde." Und für diesen Urnengang hofft sein Kontrahent Hénart vor allem auf die Mobilisierung der Nichtwähler. Denn in Lothringen haben nur noch knapp 40 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, ein historisches Tief. Zudem feierte die Nationale Front (FN) von Jean-Marie Le Pen in Lothringen mit 15 Prozent neue Triumphe. Die FN-Abspaltung "Nein zu den Minaretten" heimste in der Region zusätzlich drei Prozent der Stimmen ein, womit die Rechtsextremen insgesamt schon nahe an die 20-Prozent-Marke herankommen.Den Rekord der Urnen-Schwänzer hält Saarbrückens Nachbarstadt Forbach, wo nur noch 4000 Wähler, rund 30 Prozent, ihre Stimme abgaben. Hier schnitt die UMP mit 22,9 Prozent sogar ein wenig schlechter ab als die Rechtsextremen: 18,8 Prozent für die FN, 4,9 Prozent für "Nein zu den Minaretten". Auch in Metz ist das politische Pendel nach links ausgeschlagen, mit 32,8 Prozent für Masseret und 10,9 Prozent für die Grünen. Nur in seiner Heimatstadt Nancy behielt Hénart mit 33,3 Prozent die Nase vorn. Meinung

Schlechtes Omen für Saar-Lor-Lux

Von SZ-RedakteurGerhard Franz Wer gehofft haben sollte, dass von den Regionalwahlen in Lothringen neue Impulse für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Saar-Lor-Lux ausgehen, wird wohl enttäuscht. Denn wenn sich bis nächsten Sonntag kein politischer Erdrutsch an Maas und Mosel ereignet, wird der strahlende Sieger Jean-Pierre Masseret heißen. Das ist ein Politiker, der sich bisher in Fragen der Großregion sehr zurückhielt, auch seinen sozialdemokratischen Parteifreunden an der Saar hin und wieder einen Korb gab. Masseret drohte auch kürzlich Ministerpräsident Peter Müller und Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker Konsequenzen an, weil sie sich in den Regionalwahlkampf einmischten. Sie hatten, welch ein Vergehen, eine UMP-Kundgebung in Metz besucht. Kein gutes Omen für die künftige Zusammenarbeit.

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