Ein „Patriot“ will nach Hause

Washington · Zur besten Sendezeit flimmerte Edward Snowden in den USA über die Bildschirme. Der Whistleblower verteidigte seine Sache in dem Interview sehr eloquent. Doch die US-Regierung zeigt sich unnachgiebig.

Schüchtern und jungenhaft wie immer wirkt Edward Snowden, als er in einer Hotelsuite in Moskau dem US-Fernsehjournalisten Brian Williams gegenübersitzt. Der hat das erste Interview eines amerikanischen Senders mit dem früheren NSA-Mitarbeiter vereinbart. Mit dem Mann, dessen Enthüllungen die Obama-Regierung so in Bedrängnis gebracht haben und den die Mehrheit der Bürger in den USA weiter als "Landesverräter" ansieht, mit dem am besten kurzer Prozess gemacht werden sollte. Trotz dieser wenig einladenden Stimmung offenbart Snowden in dem am Mittwochabend zur besten Sendezeit ausgestrahlten Gespräch: Wenn Ende Juli sein Asyl in Russland abläuft, möchte er am liebsten in die USA zurückkehren. "Wenn ich irgendwohin in der Welt gehen könnte, dann wäre das zurück nach Hause", sagt der 30-Jährige. Denn er sieht sich als "Patriot" und stellt sich erstmals auch als Spion im Auftrag der NSA und CIA dar, der verdeckt im Ausland gearbeitet habe. "Wenn die Leute also sagen, dass ich nur ein unwichtiger Systemadministrator bin und nicht weiß, wovon ich spreche, ist das ein bisschen irreführend."

Dass Snowden in zwei Monaten in die USA fliegen wird, ist indes sehr unwahrscheinlich. Ihn erwarte ein unfairer Prozess und eine Gefängnisstrafe, erklärt er der NBC. Und das mache eine Rückkehr nicht möglich. Deshalb wolle er auch sein russisches Asyl verlängern. Ob in den USA ein Straferlass oder Milde wegen der von ihm in Gang gebrachten Debatte um die Spitzelmethoden der NSA möglich sei, könne er nicht sagen. Sein Anwalt verhandelt NBC zufolge allerdings über diese Frage mit der US-Regierung. Die in den USA oft geäußerte Vermutung, er habe sein Asyl in Russland nur aufgrund einer Übergabe wichtiger Informationen an Moskau erreicht, weist Snowden zurück: Er habe weder auf seiner Flucht von Hongkong nach Russland amerikanisches Geheimdienst-Material mitgenommen noch darauf in Moskau zurückgreifen können. Schließlich habe er alles nur getan, "um meinem Land zu dienen".

Wie wenig Verständnis ihn derzeit in den USA erwarten würde, machte das Interview von NBC mit Außenminister John Kerry deutlich, das während der Snowden-Befragung eingespielt wurde. Snowden sei eine Person, die ihren Eid gebrochen und dem Land geschadet habe, polterte Kerry. "Er hat Terroristen gesagt, was sie tun können, um zu vermeiden, entdeckt zu werden", interpretierte der US-Chefdiplomat die Arbeit des ehemaligen NSA-Datenspezialisten. Und seine Standpunkte könne er ja auch in den USA darlegen. "Sei ein Mann und komm zurück," so eine der provokativen Aussagen Kerrys.

Die Snowden-These, er habe als Spion für die NSA gearbeitet, weisen andere Regierungsmitglieder zurück. Auch US-Justizminister Eric Holder, der Anweisungen von Barack Obama folgend "Whistleblower" mit kaum bekannter Härte und Unnachgiebigkeit verfolgen lässt, zeigte sich in seinen bisherigen Aussagen wenig kompromissbereit. Die auch gegenüber NBC geäußerten Beteuerungen Snowdens, es sei ihm nie um sein persönliches Schicksal, sondern immer um eine Reform der Geheimdienstprogramme gegangen, finden im derzeitigen Klima in Washington trotz der von Obama angekündigten Änderungen bei der NSA-Spitzeltätigkeit kaum Anklang.

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