Ein Museum für die Seele Frankreichs

Paris. Die französischen Präsidenten haben sich selbst gerne ein Denkmal gesetzt: Für François Mitterrand war es die Nationalbibliothek, für Jacques Chirac das Museum für außereuropäische Kulturen. Auch an Nicolas Sarkozy sollen sich die Franzosen erinnern, wenn er nicht mehr Staatschef ist. Er kündigte vor zwei Jahren ein "Haus der Geschichte Frankreichs" an, das zum 1

Paris. Die französischen Präsidenten haben sich selbst gerne ein Denkmal gesetzt: Für François Mitterrand war es die Nationalbibliothek, für Jacques Chirac das Museum für außereuropäische Kulturen. Auch an Nicolas Sarkozy sollen sich die Franzosen erinnern, wenn er nicht mehr Staatschef ist. Er kündigte vor zwei Jahren ein "Haus der Geschichte Frankreichs" an, das zum 1. Januar offiziell als öffentliche Einrichtung aus der Taufe gehoben werden soll.Das Projekt, mit dem Sarkozy mitten in der Debatte um die nationale Identität vor zwei Jahren wohl auf Wähler am rechten Rand zielte, ist in Frankreich umstritten. "Dieses ideologisch besetzte Projekt ist eine intellektuelle Ketzerei", sagte die renommierte Historikerin Arlette Farge auf dem Höhepunkt der Debatte im Herbst 2010 der Zeitung "Humanité". Zusammen mit acht anderen Historikern wandte sie sich damals in einem offenen Brief gegen das "gefährliche Vorhaben", das nur als "Schaufenster" für die so genannte nationale Identität diene.

Sarkozy selbst hatte die Identitätsdebatte nach seiner Wahl 2007 angestoßen und bereits damals ein zentrales "Maison de l'Histoire de France" ins Gespräch gebracht. Auch andere Maßnahmen wie das im Ausland viel kritisierte Ministerium für Einwanderung und nationale Identität, das inzwischen wieder aufgelöst ist, dienten dem rechten Profil des Präsidenten. Im Januar 2009 folgte die offizielle Ankündigung des Museumsprojekts. Das Museum solle die Identität stärken, "die die unsere ist", sagte der Staatschef damals. Die "Seele" Frankreichs solle gezeigt werden, hieß es von offizieller Seite.

Seither hat eine Gruppe von 20 Wissenschaftlern einen 70 Seiten langen Entwurf für das Museum ausgearbeitet, das 10 000 Quadratmeter im Nationalarchiv im Pariser Marais-Viertel einnehmen soll. Die Wissenschaftler planen eine enge Zusammenarbeit mit ähnlichen Einrichtungen wie dem Deutschen Historischen Museum in Berlin und dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn.

Ähnlich wie in Berlin soll eine Dauerausstellung einen Abriss der französischen Geschichte zeigen. Kritiker sehen darin allerdings eine Art "nationale Meistererzählung", die die Staatsmänner des Landes würdigen soll. Doch Kulturminister Frédéric Mitterrand, dessen Ressort das Projekt steuert, wehrte sich gegen diesen Vorwurf: "Es geht nicht darum, einen Altar für die Staatsgeschichte zu schaffen", sagte Mitterrand bei der Vorstellung des wissenschaftlichen Museumsbeirats vor einem Jahr. Vielmehr solle die französische Geschichte für "Fragen, Dialog und Austausch" geöffnet werden.

Bis es so weit ist, muss die Regierung allerdings noch einige Hürden überwinden. So protestieren die Angestellten des Nationalarchivs dagegen, dass das "Maison de l'Histoire" bei ihnen einzieht und zwei Drittel des Archivs dafür 2013 nach Pierrefitte ins Pariser Umland ausgelagert werden. Die Gewerkschaften befürchten eine "Vorherrschaft" des "Hauses der Geschichte" in den angestammten Räumen. Doch die Regierung lässt sich von den Protesten nicht beeindrucken und treibt ihr Projekt weiter voran. Bereits Mitte Januar öffnet im Pariser Grand Palais eine erste vom "Haus der Geschichte" organisierte Ausstellung. Das eigentliche Museum soll dann 2015 eröffnet werden. Der Zeitpunkt könnte günstig sein für Sarkozy mitten in seiner zweiten Amtszeit - falls er nächstes Jahr wiedergewählt wird. Foto: Fahy/dpa

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