Ein makelloses Stadtbild fordert seine Opfer
Peking. Zwei Jahre harter Arbeit auf einer der Baustellen für die Olympischen Sommerspiele in Peking hat der 50-jährige Dai Yi hinter sich - aber den Erfolg seiner Anstrengungen wird er nicht zu Gesicht bekommen
Peking. Zwei Jahre harter Arbeit auf einer der Baustellen für die Olympischen Sommerspiele in Peking hat der 50-jährige Dai Yi hinter sich - aber den Erfolg seiner Anstrengungen wird er nicht zu Gesicht bekommen. Dai ist einer von Millionen chinesischen Wanderarbeitern mit stark gebräunter Haut und rauen Händen, die nun auf Anweisung der Behörden die chinesische Hauptstadt verlassen müssen. Zum heutigen Beginn der Olympischen Spiele will sich Peking makellos präsentieren und die Heerscharen von Arbeitern passen da nicht recht ins Bild.
"Die Behörden erlauben uns nicht zu bleiben. Wegen der Olympischen Spiele.", sagt Dai, während er wenige Tage vor Beginn der Spiele seine zwei verbeulten Koffer durch die Menschenmassen am Pekinger Hauptbahnhof bugsiert. Er ist auf dem Weg in die ärmere ostchinesische Provinz Anhui. "Ich habe derzeit keine Arbeit, also werde ich kein Geld verdienen, bis ich einen anderen Job finde", sagt der kleingewachsene Mann.
Karger Lohn für harte Arbeit
1000 Yuan (rund 93 Euro) hat er bislang wöchentlich verdient und damit seine achtköpfige Familie auf dem Land unterstützt. Für seinen Lohn hat er in den vergangenen Monaten hart und unter gefährlichen Bedingungen gearbeitet. Wanderarbeiter wie er haben die Olympiastätten errichtet und zum Bauboom in Peking beigetragen. Ende vergangenen Jahres zählten die Behörden in der Hauptstadt fünf Millionen dieser Arbeiter aus der ärmeren Provinzen. Wie viele von ihnen die 17-Millionen-Einwohner-Stadt nun wieder verlassen müssen, wollen die Behörden nicht bekanntgeben. Offiziell dementierte die Pressestelle von Peking, die Arbeiter ausgewiesen zu haben. Doch alle Baustellen in der chinesischen Hauptstadt liegen bereits seit gut zwei Wochen brach. Bis zum 24. August sollen die Arbeiten ruhen, um die Luftqualität in der Hauptstadt zu verbessern. Aus Angst vor einer dicken Smog-Glocke über der Stadt während der Spiele haben die Pekinger Behörden auch den Autoverkehr reduziert.
Um das Stadtbild zusätzlich aufzupolieren, gingen sie massiv gegen die Prostitution vor und renovierten zahlreiche Stadtteile. Auch Yuan Daxins Arbeitgeber hat alle seine Arbeiter in die "Olympia-Ferien" geschickt, berichtet der 36-Jährige. Er tritt ebenfalls auf dem Bahnhof die Fahrt in seine Heimatprovinz Gansu im Nordwesten des Landes an.
Olympia nur im TV
Bis vor wenigen Tagen hat er noch auf der Baustelle eines Bürogebäudes gearbeitet. "Wir müssen Peking verlassen, damit die Stadt nicht zu überfüllt ist während der Olympischen Spiele", sagt er. So trage er zum Erfolg der Veranstaltung bei. Und zumindest habe sein zuvor verdientes Gehalt ausgereicht, um seiner Familie einen Fernseher zu kaufen, sagt Yuan.
Nun könnten sie wenigstens die Olympischen Spiele im Fernsehen schauen.