Ein Königreich im Freudentaumel

London · Salutschüsse, Geburtstagsständchen und jede Menge Glückwünsche: Großbritannien freut sich über den Sohn von Prinz William und seiner Frau Kate. Ganz Großbritannien? Nein. So mancher ist von dem Hype längst genervt.

Stolz, glücklich und strahlend wie alle jungen Eltern eines prächtigen Kindes präsentierte das Herzogspaar von Cambridge der Welt seinen Baby-Prinzen. Kate wirkte nach der Geburt noch schöner und William noch cooler, und das Baby zeigte in dem Tohuwabohu vor dem Krankenhaus bereits königliche Contenance und schlief friedlich weiter. "Er hat gute Lungen. Es ist ein großer Junge, ziemlich schwer und wir arbeiten noch an seinem Namen", lachte der Vater gutgelaunt auf die vielen Fragen der Weltpresse und bekannte, dass er schon einmal die Windeln gewechselt habe. Kate sagte, dass sie "wie alle Eltern sehr emotional nach solch einem besonderen Ereignis" seien.

Vorsichtig hob William dann das Baby im Tragesitz ins Auto und wischte sich in gespielter Aufregung den Schweiß von der Stirn. Die Fahrt ging nur ein paar Kilometer zum Kensington Palast, wo das Baby seine erste Nacht außerhalb des Krankenhauses in dem Appartement schläft, in dem schon Königin Victoria ihre Kindheit verbrachte. Womöglich gab es zuvor noch einen Abstecher zum Buckingham Palast, damit die Queen und Prinz Philipp ihren Urenkel bewundern konnten. Die Königin gab zu, dass sie "absolut begeistert" sei.

Hoffentlich bleibt dem Baby kein Schaden bei dem Höllenlärm, den sein erster öffentlicher Auftritt verursachte. Aber es ging ja schon den ganzen Tag äußerst geräuschvoll in London zu. Im Green Park donnerten zu Ehren des kleinen Prinzen 41 Kanonenschüsse und vom Tower gleich 62. Und die Glocken der Westminster Abtei, wo seine Eltern im April 2011 heirateten, läuteten gar geschlagene drei Stunden. Dazu schmetterte noch die Gardekapelle vor dem Buckingham Palast lautstarke Geburtstagsständchen.

Kanonen donnerten auch im fernen Australien, über das der neue Sprössling der Windsors einmal regieren wird, ebenso wie über Kanada. Der Brunnen am Londoner Piccadilly Circus erstrahlte in Baby-Blau und die ehemalige Kolonie der Vereinigten Staaten vergaß die Unabhängigkeitserklärung und tauchte die Niagarafälle in die gleiche Farbe. Matrosen der Royal Navy formierten sich auf dem Oberdeck des Schiffes HMS Lancaster zu dem Wort "Boy" (Junge). Von Wladimir Putin bis Barack Obama trudelten herzliche Glückwünsche aus aller Welt ein. Und natürlich übertrafen sich die britischen Politiker in Gratulationen für ihren künftigen Souverän.

Die ganze königliche Familie ist laut dem Hofzirkular "überglücklich". Prinz Charles sagte nach seiner Visite mit Camilla im Krankenhaus, wie "großartig" sein Enkel sei und wie sehr er sich auf seine neue Rolle als Opa freue. Die Großtante, Prinzessin Anne, erklärte hingegen eher spröde, "dass das Ganze nichts mit mir zu tun hat, aber dennoch eine sehr gute Nachricht ist". Als erste Besucher beäugten Kates Eltern Michael und Carole Middleton im Marienhospital ihr Enkelkind. Von der Reporterschar befragt, ob sie den Eltern einen Namen ans Herz gelegt habe, sagte Großmutter Carol : "Absolut nicht!"

Nicht alle Briten sind freilich von dem pausenlosen Babytätscheln der Medien angetan. Über 90 Prozent der Kommentare, die die BBC zu ihren Nachrichtensendungen bekam, sind kritisch bis sarkastisch: "Meine besten Wünsche für die junge Familie", schrieb Andrew Morten. "Ich hoffe, dass sie eine ganz normale junge Familie sind, wenn das Baby heranwächst. Vielleicht werden wir einmal vernünftig und schaffen diese mittelalterliche Institution für Parasiten ab, die sich Erbmonarchie nennt."

Das ist aber ganz und gar nicht die Meinung des 41-jährigen Robyn Holtham, der einen Schnappschuss der Ankündigung im Buckingham Palast machte und danach sagte: "Die Königliche Familie ist mit Kate und William viel zugänglicher geworden und wir können uns besser mit ihnen identifizieren. Sie sind nur Leute, die normale Sachen tun und ein wenig Spaß haben wollen".

Zahlreiche Prominente und Politiker haben Herzogin Kate und Prinz William zur Geburt ihres ersten Kindes gratuliert. "Lang lebe der zukünftige König", wünschte "Star Trek"-Star William Shatner (82) über den Internet-Kurzmeldungsdienst Twitter. Ex-Spice-Girl Emma Bunton (37) ist sich sicher: "Das werden besondere Zeiten für Kate und William!"

In einem Schreiben von Bundespräsident Joachim Gauck an die Queen hieß es: "Die Geburt des Thronfolgers ist sicherlich für Sie, Ihre Familie und das ganze Land ein großes und glückliches Ereignis. Möge ihm Glück und Gesundheit für alle Zeiten beschieden sein." US-Präsident Barack Obama und seine First Lady Michelle ließen mitteilen: "Wir wünschen ihnen all die Freude und den Segen, den Elternschaft mit sich bringt." Und auch Frankreichs Präsident François Hollande und seine Lebensgefährtin Valérie Trierweiler überbrachten ihre "herzlichsten Glückwünsche".

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Am RandeDie heiß ersehnte Geburt des Sohnes von Prinz William und seiner Ehefrau Kate hat das Wettfieber in Großbritannien neu entfacht. Nachdem in den vergangenen Wochen viel auf das Geschlecht der Nummer drei der Thronfolge gewettet wurde, steht nun ganz klar der Name im Mittelpunkt. Die meisten Wetteinsätze wurden dabei auf die Namen George und James gesetzt, wie die Buchmacher mitteilten. Insgesamt brachte der Hype um das "Royal Baby" den Wettanbietern bisher nach eigenen Angaben fast 1,2 Million Euro ein. afp Die britischen Tageszeitungen lieferten sich gestern einen Wettbewerb um die beste Schlagzeile. Weit vorn lag das Boulevardblatt "Sun" ("Sonne"), das ausnahmsweise unter dem Namen "Son" ("Sohn") erschien. Die Konkurrenz von der "Daily Mail" wählte stattdessen die Schlagzeile "Our little prince" ("Unser kleiner Prinz"). Der "Daily Express" und der "Daily Telegraph" entschieden sich übereinstimmend für "It's a boy" ("Es ist ein Junge"). dpa Der kleine Thronfolger ist im Sternzeichen Krebs geboren - wie sein Vater übrigens und auch dessen verstorbene Mutter Diana. Astrologen weisen Krebs-Geborenen Familiensinn, Sparsamkeit und Romantik als positive Eigenschaften zu. Reizbarkeit, Passivität und Empfindlichkeit stehen auf der anderen Seite. dpa Dass der Sohn von William und Kate gemäß einer Jahrhunderte zurückreichenden Tradition beschnitten werden könnte, gilt in Expertenkreisen als unwahrscheinlich. Denn spätestens Prinzessin Diana soll die Praxis vor der Geburt ihrer Söhne William und Harry abgeschafft haben. Zwar wird allgemein davon ausgegangen, dass die beiden nicht beschnitten sind - offiziell geklärt ist es aber nicht. dpa

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