Ein Grenzübertritt mit Symbolcharakter

Washington. In der Dämmerung rollt die letzte Patrouille über die Grenze. Sobald kuwaitischer Boden erreicht ist, springen die Soldaten aus der stickigen Hitze ihrer Fahrzeuge, zünden Zigaretten an, lassen erhobene Hände gegeneinander klatschen. Das High Five, der lässige Gruß amerikanischer Colleges, verrät etwas von der Erleichterung

Washington. In der Dämmerung rollt die letzte Patrouille über die Grenze. Sobald kuwaitischer Boden erreicht ist, springen die Soldaten aus der stickigen Hitze ihrer Fahrzeuge, zünden Zigaretten an, lassen erhobene Hände gegeneinander klatschen. Das High Five, der lässige Gruß amerikanischer Colleges, verrät etwas von der Erleichterung. Dann heißt es Aufstellen zum Gruppenfoto, in der Mitte ein Sternenbanner. Ein ums andere Mal flimmern die Bilder aus Chabari über die Mattscheiben der Amerikaner. Von einem Meilenstein ist die Rede, die Generäle haben ein publicityträchtiges Codewort gewählt, das an Wildwestfilme denken lässt: "The Last Patrol". 440 GIs lassen sich feiern. Nach offizieller Lesart bilden sie die letzte Kampfeinheit, die dem Irak Adé sagt.Für Präsident Barack Obama ist es der Beweis, dass er im Zeitplan liegt, sein Wort nicht bricht. Im Dezember 2011 soll kein einziger US-Soldat mehr im Irak stationiert sein, daran will er eisern festhalten. "Wir halten Versprechen, die wir gegeben haben", hatte er schon am Mittwoch bei einem Auftritt in Ohio unterstrichen. "Unsere Kampfmission drüben im Irak wird vorüber sein." Der Präsident jubelt nicht, er gibt sich sachlich. Er weiß, die guten Nachrichten aus dem Irak sind nur eine Episode im Vergleich zu dem, was ständig an schlechten Nachrichten aus Afghanistan kommt. Dort starben im Juli mehr US-Soldaten als in jedem Monat davor.Hillary Clintons Außenministerium wiederum ließ prompt Pläne durchsickern, nach denen es bis Oktober 2011 die Verantwortung für die Ausbildung der irakischen Polizei übernimmt. Noch ist das Verteidigungsministerium dafür zuständig. Der schon jetzt angekündigte Wechsel soll die Marschrichtung des Kabinetts signalisieren: Das Militär geht, Zivilisten übernehmen. Ein Adieu in Etappen - ob dieses Konzept aufgeht, vermag heute noch niemand einzuschätzen. In Washington fehlt es nicht an skeptischen Stimmen. Ryan Crocker etwa, ein ausgewiesener Kenner des Nahen Ostens, mahnt in der "New York Times" zur Geduld. "Unsere Zeitpläne eilen der irakischen Wirklichkeit ein wenig voraus", kritisiert der Arabist, der von 2007 bis 2009 Botschafter der USA in Bagdad war. Amerikanisches Militär werde noch lange am Tigris verweilen, und sei es nur, um die Iraker in amerikanische Waffensysteme einzuweisen, so Crocker. Und falls sich Bagdad an Washington wende mit der Bitte, auch über den Dezember 2011 hinaus Flagge im Irak zu zeigen, müsse Obamas Mannschaft flexibel sein.

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