Ein General als Geheimnisverräter?

Washington · Er galt als Präsident Obamas „liebster General“. Jetzt wird gegen James Cartwright wegen Geheimnisverrats ermittelt. Er soll mit der Presse über den Hacker-Angriff auf die iranischen Atomanlagen gesprochen haben.

Ein pensionierter Vier-Sterne-General steht in dringendem Verdacht, Einzelheiten des Stuxnet-Angriffs auf die iranischen Atomanlagen an die große Glocke gehängt zu haben. Das Justizministerium informierte James Cartwright in einem Brief über die Ermittlungen gegen ihn. Nach Informationen des Senders NBC geriet der 63-Jährige Ende 2012 ins Visier der Bundespolizei FBI. Die Ermittler hatten Telefon-Daten und E-Mails von Mitarbeitern des Weißen Hauses, des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienste gesichert, die mit dem "New-York-Times"-Journalisten David Sanger Kontakt hatten.

Sanger hatte 2010 in einem Artikel auf der Titelseite des Blatts über die Geheimoperation "Olympische Spiele" berichtet. Die Geschichte breitete mit großen Einzelheiten die Entwicklung des Stuxnet-Computerwurms durch die "National Security Agency" (NSA) und den israelischen Geheimdienst aus. Nach der erfolgreichen Einschleusung der Software in das Netzwerk einer iranischen Atomanlage, schaltete Stuxnet mehr als 1000 Zentrifugen zur Uran-Anreicherung aus.

Die "New York Times" schrieb die Entwicklung des streng-geheimen Programms Cartwright zu. Dieser habe unter Präsident George W. Bush damit begonnen und die Anstrengungen unter Präsident Barack Obama verstärkt.

Sicherheits-Experten werteten die Enthüllung als schweren Rückschlag, weil so die Arbeitsweise der amerikanisch-israelischen Geheimdienstkooperation aufflog. Der Kongress machte Druck, die undichte Quelle zu enttarnen. Obama selbst erklärte, er habe "null Toleranz" für die Verbreitung von Staatsgeheimnissen an die Presse. General-Bundesanwalt Eric Holder leitete 2012 eine aggressive Untersuchung ein.

Cartwright äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als Analyst beim "Center for Strategic and International Studies" in Washington. Dort hatte er sich zuletzt kritisch zum Drohnenkrieg der USA geäußert. "Wenn sie versuchen, durch Tötungen zu einer Lösung zu kommen - egal wie gezielt -, werden sie dadurch eine Menge Leute gegen sich aufbringen." Obama bezeichnete den Offizier einmal als seinen "liebsten General". In der Generalität hatte Cartwright dagegen den Ruf eines Einzelgängers. Er machte sich in der Führung der Streitkräfte unbeliebt, weil er strikt gegen die Erhöhung der US-Truppen in Afghanistan war. Der Präsident überging ihn wegen dieser Probleme bei der Benennung des neuen militärischen Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte.

Unklar blieb, ob die Ermittlungen des Justizministeriums zu einer Anklage führen. Cartwright wäre die achte Person, der während Obamas Amtszeit wegen Verletzung der Spionage-Gesetze eine Gefängnisstrafe droht.

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