Ein Freund der Deutschen Einheit ist tot

Tiflis/Moskau · In Deutschland als großer Staatsmann gewürdigt, in seiner Heimat aus dem Amt gejagt: Eduard Schewardnadse war ein vielschichtiger Politiker. Gestern ist der Georgier nach langer schwerer Krankheit gestorben.

Den Deutschen bleibt Eduard Schewardnadse als einer der Wegbereiter der Wiedervereinigung unvergessen. Der Georgier hat dabei eine große Rolle gespielt, würdigt Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow den letzten sowjetischen Außenminister . Schewardnadse vertrat in den 1980ern die damals revolutionäre Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung), die letztlich zum Ende des Kalten Krieges und zum Mauerfall führte. Gestern ist er nach langer schwerer Krankheit im Alter von 86 Jahren gestorben.

"Ich bin nicht sicher, ob der Kalte Krieg ohne ihn friedlich beendet worden wäre", sagte der ehemalige US-Außenminister James Baker einst über Schewardnadse. "Er hat unser aller Leben verändert, der Mann ist ein Held." Der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP ) nannte ihn einen der bedeutendsten europäischen Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Gleichwohl fristete Schewardnadse weitgehend zurückgezogen das Dasein eines politischen Verlierers. Als Präsident der Kaukasusrepublik musste er in der Rosenrevolution 2003 wegen seines korrupten Regimes aus Familienclans zurücktreten - und seinem politischen Ziehsohn Saakaschwili das Feld überlassen.

Der studierte Historiker - 1928 in Mamati nahe der Schwarzmeer-Küste geboren - machte bereits zu Zeiten seines Landsmanns Josef Stalin, des Sowjetdiktators, Karriere in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU). Kremlchef Gorbatschow holte den "kaukasischen Fuchs" 1985 nach Moskau , wo er an der Seite des Vaters von Glasnost und Perestroika nach vier Jahrzehnten des Kalten Kriegs mit für politisches Tauwetter sorgen sollte.

Die für Deutschland wichtigste Arbeit leistete Schewardnadse als Vertreter der Sowjetunion bei den Zwei-plus-Vier-Gesprächen. Gegen den Widerstand vieler Kommunisten und Armeegeneräle in Moskau war der Politiker einer der Wegbereiter der deutschen Wiedervereinigung. Viele russische Nationalisten sehen in dem Georgier - wie in Gorbatschow - noch heute einen Totengräber des Sowjetimperiums.

Für Schewardnadse bedeutete der Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks 1991 eine Rückkehr in seine Heimat - an die Staatsspitze in Tiflis. Im damals gerade unabhängig gewordenen Georgien herrschten Chaos, Armut und Bürgerkrieg. Schewardnadse gelang es zwar, das Land zu befrieden und 1995 die ersten Mehrparteien-Parlamentswahlen abzuhalten. Auch Teile einer unter ihm angenommenen Verfassung sind heute noch in Kraft. Doch die schweren sozialen und wirtschaftlichen Probleme und die Korruption bekam er nicht in den Griff. Schewardnadse scheiterte damit, die Kaukasusrepublik zu stabilisieren und auf Reformkurs zu bringen. Drei Attentate überlebte er in den elf Jahren seiner Präsidentschaft. Dreimal bestätigten die Georgier ihn im Amt. Jedes Mal stand der Vorwurf der Wahlfälschung im Raum. Auch die Konflikte um die abtrünnigen und von Russland heute als unabhängige Staaten anerkannten Teilrepubliken Abchasien und Südossetien vermochte der erfahrene Staatsmann nicht zu lösen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort