Ein Flämmchen der Hoffnung im Garten des Herrn

Rom · Papst Franziskus hat ein historisches Zeichen gesetzt. Zusammen mit Israels Staatschef Peres und Palästinenserpräsident Abbas betete er leidenschaftlich für den Frieden in Nahost und für Wege der Versöhnung.

Ein dreieckiges Rasenstück in den Vatikanischen Gärten, umgeben von hohen Sträuchern, als Schauplatz der Geschichte: Drei Weltreligionen waren dort am Pfingstsonntag abends vereint für ein intensives gemeinsames Gebet um Frieden. Papst Franziskus hatte es eingefädelt - für einen Tag sollte die Politik einfach mal das Feld räumen für die Religion und für den Glauben an Versöhnung gerade im Heiligen Land. Israels demnächst scheidender Staatschef Schimon Peres und der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas waren ohne zu zögern dem Aufruf des Papstes gefolgt, mit ihm zu beten. Sie haben Krieg erlebt, beide, die Kriege gegeneinander. Und das soll endlich ein Ende haben.

Bei strahlendem Frühsommerwetter vollendete Jorge Mario Bergoglio so, was er jüngst auf seiner Nahost-Reise vorbereitet hatte. Zuvor hatte er beim pfingstlichen Mittagsgebet noch schnell den Wunsch nach einer Kirche ausgedrückt, die überrascht und Unruhe stiftet, nicht harmlos ist. Auch seine Einladung nach Rom war eine der Überraschungen dieses Papstes, der gern neue Wege geht, Gesten liebt, auch medienwirksame.

Ein von ihm angeregter Tag des Gebets für das geschundene Syrien war bereits ein solches Zeichen. Nun führt er Juden, Muslime und Christen in den pittoresken Gärten des Vatikans zusammen. Auch der ökumenische Patriarch Bartholomaios ist dabei - so ist es ein Nahost-Quartett des Glaubens, das sich auf seine Weise für Friedensgespräche starkmacht.

"Ich hoffe, dass diese Begegnung der Beginn eines neuen Weges auf der Suche nach dem sei, was eint, um das zu überwinden, was trennt" - mit ganzer Leidenschaft plädiert Franziskus dafür, Mauern der Feindschaft einzureißen. "Ja zum Dialog und Nein zur Gewalt", ruft er aus, und er wiederholt sein "Nie wieder Krieg. Mit dem Krieg ist alles zerstört." Nach dem politischen Scheitern der US-Bemühungen um Verhandlungen und Abmachungen zwischen den Israelis und den Palästinensern gelingt es ihm, dem Oberhaupt der katholischen Weltkirche, alle in dem malerisch eingefassten Ambiente zu vereinen. Wobei wohl niemand sich der Illusion hingibt, den Frieden für morgen herbeibeten zu können, auch wenn alle sich ihn doch innigst wünschen.

Es war eine ernste frühabendliche Zeremonie voller Symbolik und Friedensgesten, also nicht nur der schönen Worte. Gemeinsam pflanzt das Quartett mit langen blauen Schaufeln einen Olivenbaum. Der Papst und die Präsidenten reichen sich die Hände, umarmen sich und küssen sich auf die Wange. Franziskus kann mit dem Erfolg seiner Initiative zufrieden sein. Vor allem für die heranwachsende Generation möchte er den Frieden am liebsten erzwingen, "für all die Kinder, die müde und erschöpft sind von den Konflikten". Doch dafür, das weiß Franziskus, braucht es mutige Politiker, seine päpstliche Macht ist allein eine moralische. Gefragt ist "große Seelenstärke", so drückt es das Kirchenoberhaupt aus.

Pontifex heißt Brückenbauer, und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres nennt den argentinischen Papst einen solchen Konstrukteur der Brüderlichkeit und des Friedens. "Ich bin alt", sagt Peres noch, "ich habe den Krieg erlebt." Der Präsident der jüdischen Gemeinde Roms, Riccardo Pacifici, sieht in dem Treffen in den Gärten des Vatikans ein "Flämmchen der Hoffnung", das unpolitisch die Herzen erwärmen wolle: "Jetzt ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese kleine Flamme nicht erlischt." Wie brennend die Palästinenser einen "gerechten Frieden und ein würdiges Leben" herbeiwünschen, das hatte Abbas betont: Ein Frieden in Jerusalem wäre ein Signal an die Welt.

Ein Zeichen ist gesetzt. Ob es etwas bewirkt, bleibt abzuwarten. Bergoglio ist jedenfalls ein Mann, der mit dem Glauben Mauern einreißen will. Und er glaubt an die Macht des Gebetes. In Bethlehem stieg er aus seinem Papamobil aus, um an der umstrittenen Mauer der Israelis schweigend und betend zu verharren. Er will etwas erreichen.

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