Baltikum-Reise Ein Bundespräsident in schwieriger Mission

Riga · Im Baltikum ist nicht nur seine Diplomatie gefragt: Denn seine Gastgeber erwarten von Frank-Walter Steinmeier klare Kante gegen Russland. Und er bemüht sich.

 Bitte lächeln: Elke Büdenbender knipste in Tallinn ihren Ehemann, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, mit einer jungen Urlauberin aus Deutschland. Noch bis Freitag bereist das Präsidentenpaar das Baltikum.

Bitte lächeln: Elke Büdenbender knipste in Tallinn ihren Ehemann, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, mit einer jungen Urlauberin aus Deutschland. Noch bis Freitag bereist das Präsidentenpaar das Baltikum.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Geschichte kann kompliziert sein und widersprüchlich, aber zwei klare Botschaften hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mitgebracht bei seinem Besuch der baltischen Staaten. „Die Erinnerung an die Vergangenheit ist Verpflichtung“, schreibt er ins Gästebuch des Okkupationsmuseums in Riga. Und in Tallinn sagt er gestern, am 78. Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes, der die mehr als 50 Jahre währende Unfreiheit der Balten einleitete: „Geschichte darf keine Waffe sein.“

Es ist keine leichte Reise für den Bundespräsidenten, auch wenn er noch so diplomatisch erfahren ist. Dass er im Sommer 2016 angesichts der Nato-Aktivitäten in Osteuropa, damals noch als Außenminister, vor „Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ gewarnt hatte, ist in den baltischen Ländern noch in schlechter Erinnerung.

Damit konfrontiert, spricht Steinmeier auf einer Pressekonferenz in Riga von einer Berichterstattung, die „falsch oder missverstanden worden ist“. Schließlich habe er selbst die Beschlüsse des Warschauer Nato-Gipfels zur Stärkung der Ostflanke des Bündnisses mitgetragen. Demonstrativ und unmissverständlich unterstützt er nun – auch mit einem Besuch deutscher Soldaten am Freitag auf dem litauischen Stützpunkt Rukla – die militärische Hilfe für die baltischen Republiken, die sich seit der russischen Annektion der Krim mehr denn je von Moskau bedroht fühlen. Dies und die Kraftmeierei in der Ukraine hat in den Baltenstaaten die Sorgen vor einem Rückfall in alte Sowjetzeiten wieder aufleben lassen. Estland, Lettland und Litauen sind heute alle Mitglieder von EU und Nato. Doch so lange liegt die Zeit als Sowjetrepubliken wider Willen eben noch nicht zurück.

Bis heute besteht die Bevölkerung in den Ländern noch zu mehr als einem Viertel aus ethnischen Russen. Regelmäßig konstatieren die baltischen Sicherheitsbehörden, dass Russland systematisch versuche, die öffentliche Meinung und innenpolitische Prozesse in den kleinen Nachbarstaaten zu beeinflussen. Auch Steinmeier wirft Moskau „verdeckte Einmischung mit hybriden Mitteln und gezielte Desinformation“ vor. „Kein fremder Staat hat das Recht, sich zur Schutzmacht einer Gruppe in unserem Land aufzuschwingen. Solche Einflussnahme lehnen wir ab“, betont der 61-Jährige.

Das geheime Abkommen von 1939 zwischen Hitler und Stalin prägt bis heute das Selbstverständnis der drei kleinen Ostseerepubliken. Deutlich wird dies im Okkupationsmuseum, das Steinmeier in Riga besucht. Der Hitler-Stalin-Pakt bildet dort den Ausgangspunkt der Ausstellung über die mehr als ein halbes Jahrhundert währende Fremdherrschaft. Aber auch die deutsche Besatzung und die Judenverfolgung werden thematisiert. Dafür interessiert sich Steinmeier bei seinem Rundgang besonders.

Steinmeier ist spürbar bemüht, den Verdacht zu entkräften, er habe einen allzu diplomatischen Blick auf das Russland von Präsident Wladimir Putin. „Wer das Völkerrecht bricht, wer die Institutionen des Friedens gefährdet, der erntet unseren gemeinsamen Widerstand“, sagt er in Talinn. Aber er erinnert eben auch an den „gnadenlosen Vernichtungskrieg“ Nazi-Deutschlands gegen die Sowjetunion. Eine Lehre aus der Geschichte: Nie wieder dürfe es Sprachlosigkeit und blinde Feindschaft zu Russland geben.

So oft wie nirgendwo sonst sei er als Außenminister in den baltischen Staaten gewesen, betont Steinmeier mehrfach. Von besonderer Herzlichkeit ist beim Besuch zunächst nicht so viel zu spüren. „Es ist unser erstes Treffen als Präsidenten und ich bin überzeugt, dass es uns leicht fallen wird, zusammenzuarbeiten“, sagt Estlands Präsidentin Kersti Kaljulaid eher geschäftsmäßig.

Und von der Presse wird Steinmeier als Weggefährte von Altkanzler Gerhard Schröder gleich zu dessen geplantem Einstieg beim russischen Staatskonzern Rosneft befragt. Position bezieht Steinmeier dazu nicht. Auch die große Frage, wann er als Bundespräsident nach Moskau reist, bleibt unbeantwortet. Es werde daran gearbeitet, heißt es.

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