LSVS-Affäre Ein angebliches Saufgelage und eine Giftliste

Saarbrücken/Quierschied · Eine neue Spur der Staatsanwaltschaft in der LSVS-Finanzaffäre führt zum Heimatverein von Präsident Klaus Meiser. Der Konsolidierungsberater schockt mit tiefroten Zahlen.

 LSVS-Präsident Klaus Meiser (l.) im Februar 2017 in einem Fan-T-Shirt seines Heimatvereins mit Ex-Trainer Lothar Pesch beim Finale des Hallenmasters in der Saarbrücker Saarlandhalle.

LSVS-Präsident Klaus Meiser (l.) im Februar 2017 in einem Fan-T-Shirt seines Heimatvereins mit Ex-Trainer Lothar Pesch beim Finale des Hallenmasters in der Saarbrücker Saarlandhalle.

Foto: Andreas Schlichter

Drei Trainingslager der Kicker des Saarlandligisten Sportvereinigung (Spvgg) Quierschied an der Sportschule des Landessportverbandes (LSV) haben das besondere Interesse der Staatsanwaltschaft Saarbrücken geweckt. Gestern tauchten Beamte des Dezernates „Besondere Ermittlungen, Korruption“  (BEK) beim Landespolizeipräsidium mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss in den Clubräumen und bei Finanzvorstand S. auf. Die Ermittler suchten Unterlagen zu Trainingslagern der Quierschieder Aktiven in den Jahren 2015 und 2017. Gleichzeitig filzten die Fahnder wieder Büro- und Geschäftsräume beim finanziell stark angeschlagenen LSVS, dessen Präsident wiederum ein „Quierschieder Bub“ ist. Klaus Meiser, ehemaliger Landtagspräsident und CDU-Parlamentarierer, ist ehrenamtlich zweiter Vorsitzender der Sportvereinigung und Anhänger der ersten Mannschaft. Gegen Meiser und andere LSVS-Präsidiumsmitglieder sowie den früheren Hauptgeschäftsführer H. ermittelt der zuständige Oberstaatsanwalt bereits seit Monaten wegen möglicher Untreue und Vorteilsgewährung.

Jetzt hat sich der Kreis der Beschuldigten erneut vergrößert. Der stellvertretende LSVS-Hauptgeschäftsführer F., dessen Wohnung ebenfalls durchsucht wurde,  soll veranlasst haben, dass dem Quierschieder Verein nicht alle Kosten für seine Trainingslager  an der Hermann-Neuberger-Sportschule vom LSVS belastet wurden. Deshalb wird jetzt gegen ihn wegen möglicher Untreue ermittelt. Der Schaden für den hoch verschuldeten Verband wird hier auf 5412,51 Euro beziffert. Angeblich soll der Sportverband die Quierschieder Zeche bezahlt haben und dies zumindest teilweise im wahrsten Sinne des Wortes. Denn: Zumindest eine Rechnung in Höhe von 2521,40 Euro soll auch die Bewirtung von 65 Spielern, Vorstandsvertretern und Fans bei einem Abendessen und anschließendem „Saufgelage“ beinhalten. Entsprechende Hinweise auf einen feucht-fröhlichen Abend fanden die Ermittler angeblich bei einem Mitbeschuldigten. Hier soll es sich nach SZ-Informationen um den früheren Hauptgeschäftsführer Paul H. handeln, den LSVS-Chef Meiser im Zuge der millionenschweren Finanzaffäre vom Dienst freigestellt hatte. Die Quierschieder Fußballer widersprechen  derweil prompt und nachdrücklich den Angaben der Staatsanwaltschaft. Vereinssprecher Sebastian Zenner: „Alle vom LSVS an uns gerichtete Rechnungen wurden von uns bezahlt! Dies können wir auch entsprechend nachweisen.“ Auch von einem Saufgelage könne, so heißt es aus Quierschied,  keine Rede sein. Offen ist aber wohl, ob für das Trainingslager 2015 überhaupt eine LSVS-Rechnung nach Quierschied geschickt wurde.

Während die jüngsten Aktionen der Staatsanwaltschaft bei den Kickern in Quierschied und deren Fangemeinde für Aufsehen und Ärger sorgten, beruhigten sich zumindest bei der Landespolitik nach einem Zwischenfazit des LSVS-Konsolidierungsberaters Michael Blank die Gemüter. Blank, der auf Druck der Rechtsaufsicht beim Innenministerium beim LSVS mit Handlungs- und Weisungsbefugnis ausgestattet wurde, hatte eine beruhigende und viele beunruhigende Nachrichten bei einem Treffen mit dem  „Lenkungsausschuss“, einem kleinen Krisenstab der Regierungskoalition, parat. Die gute Botschaft: Alle bislang eingelösten Schecks aus dem so genannten Verstärkungsfonds sind auch den Vereinen zu Gute gekommen. Für Diskussionsstoff hatte gesorgt, dass neben Meiser weitere Landespolitiker, vorwiegend aus CDU-Reihen, die Schecks verteilt hatten.

Blanks weitere Botschaft an Politik und Sport ist dagegen alarmierend und schockierend: Die Landessportschule steht demnach finanziell auf der Kippe. Der LSVS selbst schreibt eigentlich schwarze Zahlen, die Sportschule allerdings tiefrote. Von einer „Giftliste“ spricht SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn und meint die Aufstellung der größten Verlustträger an der  Sportschule. Die Mensa steht dabei mit 678 007,42 Euro an erster Stelle, gefolgt von den „Unterkünften“ mit 554 252,89 Euro und dem Schwimmbad mit 431 399,08 Euro. Das Haus der Athleten schlägt mit einem Verlust von 398 362,79 Euro zu Buche und die Multifunktionshalle mit 272 630,82 Euro. Die Hausaufgaben der Sanierungsexperten an die verantwortlichen in der Landespolitik sind gestellt. CDU und SPD und auch die Landesregierung müssen kurzfristig entscheiden, wo und wie der Rotstift beim Saar-Sport angesetzt wird. Die Zeit drängt. Nur noch bis Ende Juni ist die Liquidität beim LSVS gesichert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort