Was soll man einer Jubilarin wünschen, die stolze 250 Jahre feiert? Ein nettes "Weiter so!" wird kaum genügen, angesichts der Herausforderungen, denen Tageszeitungsmacher heute gegenüber stehen. Angesichts der Informationsexplosion, der Zersplitterung der

Was soll man einer Jubilarin wünschen, die stolze 250 Jahre feiert? Ein nettes "Weiter so!" wird kaum genügen, angesichts der Herausforderungen, denen Tageszeitungsmacher heute gegenüber stehen. Angesichts der Informationsexplosion, der Zersplitterung der Interessen, der diversen Kanäle vom bedruckten Papier bis zum Datenstrom, in denen Nachrichten heute auf den Weg gebracht werden

Was soll man einer Jubilarin wünschen, die stolze 250 Jahre feiert? Ein nettes "Weiter so!" wird kaum genügen, angesichts der Herausforderungen, denen Tageszeitungsmacher heute gegenüber stehen. Angesichts der Informationsexplosion, der Zersplitterung der Interessen, der diversen Kanäle vom bedruckten Papier bis zum Datenstrom, in denen Nachrichten heute auf den Weg gebracht werden.Zu wünschen sind auf jeden Fall "Kreativität, Innovation und Engagement", wie es Joachim Meinhold, Vorsitzender der Geschäftsführung der Saarbrücker Zeitung, in seiner Begrüßung formulierte. Leser, Ehrenamtler, Unternehmer, Kulturschaffende, Politiker waren gestern Abend ins Staatstheater gekommen. Ein Festakt zum 250-jährigen Jubiläum der SZ war es, den Chefredakteur Peter Stefan Herbst moderierte, aber ebenso eine Feier mit jenen, für die die SZ da ist.

Pointiert legte Meinhold seine Rede an: "Es mag sein, dass es in Deutschland publizistische Tanzveranstaltungen mit mehr Stil und Eleganz gibt, nirgends wird aber der saarländische Swing so einfühlsam gespielt wie bei uns." Doch er verortete auch klar den Anspruch der Zeitung, die sechs Tage die Woche von je 150 000 Saarländern gekauft und von 480 000 gelesen wird: "Bürgerliche Öffentlichkeit ist ohne sie im Saarland nicht denkbar."

"Die SZ steht, wie unsere heutige Gesellschaft - trotz aller Probleme - heute gut, vermutlich besser denn je da", zollte Stefan von Holtzbrinck, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, der Zeitung Lob. Und ließ als Aufsichtsratsvorsitzender der SZ die Historie des Blattes Revue passieren - mit merklicher Sympathie fürs Saarvoir Vivre. Einen Politiker sprach der Verleger auch ganz direkt an. "Anfang der 90er Jahre galt es, die Meinungsfreiheit der Zeitung gegen ein Pressegesetz zu verteidigen - gegen einen Mann, dem mein Vater eine große Zukunft vorausgesagt, aber nicht gewünscht hatte." Oskar Lafontaine, heutiger Linksfraktion-Chef und damals SPD-Ministerpräsident, nahm's gelassen. Mit dem Dank an die Mitarbeiter und die Gremien wünschte von Holtzbrinck der Zeitung "eine sonnenreiche Zukunft".

Einen besonderen Moment auf der Theaterbühne brachte die Begegnung von Festredner Professor Udo di Fabio und Ministerpräsident Peter Müller. Schließlich traf da ein amtierender Bundesverfassungsrichter auf einen vielleicht kommenden. Müller, öfter schon als scharfer Medienkritiker in den Schlagzeilen, sparte aber nicht mit Lob für die SZ: "Ein starkes Stück Saarland". Um dann aber doch - in freier Rede - an eine "gemeinsame Verpflichtung" von Medien und Politik zu appellieren, um der Politik- wie Staatsverdrossenheit entgegenzuwirken. "Wir brauchen eine freie Presse", betonte der CDU-Politiker. Aber da sie nicht von außen kontrolliert werden dürften, müssten sich die Medien auch in Selbstkritik üben. Nicht jedem Skandälchen hinterherjagen, alles bis zur Schlichtheit vereinfachen. Gleichwohl nahm's Müller auch mit Humor: "Was wären Politiker ohne Zeitungen? Man wüsste ja gar nicht mehr, über was man sich ärgern soll."

Udo di Fabio zeigte sich "beeindruckt" von der Rede seines potenziellen Nachfolgers. Müsse er nun doch "professoral vernebeln", was der auf den Punkt gebracht habe. Di Fabio bekräftigte die Wächterfunktion der Zeitungen. Ihre Aufgabe sei die Kontrolle der Politik. "Richter wie Presse handeln im Namen des Volkes", sagte er. Und selbst wenn "der Leitartikler quasi zum politischen Akteur" wird, weil "er mehr Einfluss hat als mancher Volksvertreter", ist doch die Freiheit der Presse auf jeden Fall zu schützen - "bis an die Grenze zum Irrtum, zur Falschdarstellung".

Das Saarländische Staatsorchester ließ dazu die General-Themen des Medienhauses und der Verlagsgruppe auch musikalisch anklingen. Beethovens "Fidelio"-Ouvertüre zu Beginn - ein Allez-Signal der Freiheit einer sich aus autoritären Zwängen lösenden Gesellschaft. Was nur mit einer freien Presse glücken konnte. Sätze aus Dvoráks "Aus der Neuen Welt"-Sinfonie und Aaron Coplands Sinfonie Nr. 3 wiesen nicht bloß auf die Geschäftsbereiche der Verlagsgruppe von Holtzbrinck in den USA. Neue Welt, das symbolisierte auch die Herausforderung, die Idee der Zeitung weiter zu entwickeln. Längst sei dieser Weg eingeschlagen, machte Meinhold deutlich: Die Saarbrücker Zeitungsgruppe ist ein Unternehmen, das sich von der Postzustellung bis zu Übersetzungsdienstleistungen auffächert. Neben der SZ gehören auch der "Trierische Volksfreund", die "Lausitzer Rundschau" und der "Pfälzische Merkur" dazu. Fast 2700 Menschen arbeiten in diesem Konzern. Wichtig sei aber, so Meinhold, man müsse "Qualitätsjournalismus als Service für Leser begreifen". Den Lesern galt denn auch der besondere Dank. Elisabeth Maringer aus Hülzweiler etwa, die - fast 101 Jahre alt - noch täglich die SZ liest. Und Henning Schulze, in dessen Familie das Abo bereits zwei Mal "vererbt" wurde.

Zum guten Schluss, bevor die Gäste im Theater noch lange plauderten, diskutierten, sich zuprosteten? Noch einmal das Staatsorchester mit Kurt Weills grandiosem "Schurkenstück", der "Kleinen Dreigroschenmusik". Drei Groschen? Vielleicht ja auch ein musikalischer Denkanstoß: Wie viel ist uns eigentlich fundierter Journalismus wert?

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