Duisburg schiebt der Polizei die Schuld zu

Düsseldorf. Polizeiwagen sollen Fluchtwege blockiert, die Stadt soll die Auflagen für die Loveparade nicht kontrolliert haben. Die Angehörigen der Todesopfer werden es als Zumutung empfinden: Der Streit um die Schuld für die Loveparade-Katastrophe geht unvermindert weiter. Gestern sorgte die Stadt Duisburg mit ihrer ersten umfangreichen Stellungnahme für neuen Zündstoff

Düsseldorf. Polizeiwagen sollen Fluchtwege blockiert, die Stadt soll die Auflagen für die Loveparade nicht kontrolliert haben. Die Angehörigen der Todesopfer werden es als Zumutung empfinden: Der Streit um die Schuld für die Loveparade-Katastrophe geht unvermindert weiter. Gestern sorgte die Stadt Duisburg mit ihrer ersten umfangreichen Stellungnahme für neuen Zündstoff. Eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei stellte der Ruhrgebietsstadt in deren Auftrag einen "Persilschein" aus: Es lägen "keine Erkenntnisse dafür vor, dass Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten". Somit hätten sie auf diese Weise auch weder zum Unglück beigetragen oder es gar verursacht, heißt es in der mehr als 30-seitigen Stellungnahme der Stadt. Zugleich wirft Duisburg darin der Polizei vor, Einsatzwagen auf der Rampe zum Veranstaltungsgelände geparkt und damit einen Fluchtweg versperrt zu haben. Damit sei gegen die Baugenehmigung der Stadt verstoßen und der Durchlass deutlich reduziert worden. Fotos belegten, wie Polizeiwagen quer auf der Rampe parken. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD, Foto: ddp) konterte in einer Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses: "Ich werde nicht zulassen, dass die Polizei als Sündenbock für die Fehler und Versäumnisse anderer herhalten muss." Es bestehe der Verdacht, dass die Stadt die Einhaltung der Auflagen nicht kontrolliert habe. Auch in Richtung von Veranstalter Rainer Schaller und seiner Firma Lovapent teilte Jäger aus: "Es ist schäbig, erst die Polizei um Hilfe zu rufen, weil die Veranstaltung aus dem Ruder läuft und ihr dann auch noch den Schwarzen Peter zuzuschieben." Der Veranstalter habe sein eigenes Sicherheitskonzept nicht eingehalten. Die Anweisung, die Tunnel zu sperren, sei nicht umgesetzt worden. Stattdessen hätten die Ordner durch das Entfernen von Zäunen im kritischen Zeitraum den Zustrom von Menschen noch erhöht, statt ihn zu stoppen. Jäger gab allerdings auch zu erkennen, dass es in den Reihen der Polizei zu Fehlern gekommen sein dürfte: "Es ist unwahrscheinlich, dass ein Einsatz dieser Dimension fehlerfrei verläuft", wenn das Sicherheitskonzept des Veranstalters zusammenbricht. Der CDU-Innenpolitiker Peter Biesenbach hakte nach und fragte, warum die Polizei nicht im Wege der Gefahrenabwehr die Regie übernommen und massiver eingegriffen habe, als die Überforderung des Veranstalters offenbar geworden sei. Und der FDP-Politiker Horst Engel rechnete vor, dass es nicht möglich sei, 145 000 Menschen binnen drei Stunden durch einen Tunnel zu schleusen, der nur 30 000 pro Stunde durchlässt. Innenminister Jäger sagte, das müsse nun die Staatsanwaltschaft klären. Die Sondersitzung des Innenausschusses, für die die Abgeordneten aus dem Urlaub zurückgerufen worden waren, begann mit einer Gedenkminute. Am Ende der mehr als vierstündigen Debatte kam die Einsicht: "Die Loveparade wird uns noch Monate beschäftigen."

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