Duell der Dynastien

Washington · Sein Vater war schon Präsident der USA, sein älterer Bruder auch. Nun will offenbar Jeb Bush einen Anlauf aufs Weiße Haus wagen. Und damit ist eine neue Runde im ewigen Duell „Bush gegen Clinton“ eingeläutet.

Ein Rest an Vorsicht muss bleiben, so gehört es nun mal zum Geschäft. Im Grunde hat John Ellis "Jeb" Bush (61) gerade seine Bewerbung fürs Weiße Haus verkündet, nur eben versehen mit ein paar rhetorischen Schlenkern, damit keiner sagen kann, er breche ungeschriebene Regeln, indem er viel zu früh an den Start gehe, nahezu zwei Jahre vor der nächsten Wahl. "Ich freue mich, bekannt geben zu können, dass ich die Möglichkeit, für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu kandidieren, aktiv sondieren werde", twitterte der Republikaner vorgestern. Im Januar, fügte er auf Facebook hinzu, wird er ein politisches Aktionskomitee (PAC) gründen. Mit dem lassen sich beispielsweise prima Spenden sammeln. Das heißt: Die Kampagne hat de facto begonnen, ohne dass der offizielle Startschuss gefallen ist.

Überrascht hat es keinen, man ahnte es ja, seit Barbara Bush die Ambitionen ihres Sohnes mit ein paar wohlwollenden Halbsätzen kommentierte. Im April 2013 hatte das noch ganz anders geklungen. Da hatte Matt Lauer, ein Moderator des Frühstücksfernsehens, die alte Lady gefragt, was sie denn von Jebs Kandidatur halten würde. Die Antwort hörte sich an wie eine verzweifelte Klage. "Das ist ein großartiges Land. Es gibt viele großartige Familien. Es gibt andere Leute, die sehr qualifiziert sind, und wir hatten schon genug Bushs (im Weißen Haus)." Jetzt sagt die Matriachin allerdings nichts mehr. Ihr Schweigen bedeutet dabei nur eins: Die Würfel im Hause Bush sind gefallen.

Damit bahnt sich erneut ein Duell der Dynastien an, Bush gegen Clinton, ein Kräftemessen, wie es in der Aufbruchsstimmung um den Senkrechtstarter Barack Obama der Vergangenheit anzugehören schien. Nun sieht es so aus, als wäre der zweifache Wahlsieg Obamas nur die berühmte Ausnahme gewesen, welche die Regel bestätigt. Die kurze Unterbrechung einer Endlosschleife. 1988 wurde ein Bush gewählt, 1992 ein Clinton, 2000 ein Bush, und wenn 2016 Hillary Clinton das Rennen macht, steht es Unentschieden.

Es gibt Familienmitglieder, die gerade aus der Rivalität der beiden Blöcke enorme Motivation ziehen. Als Jeb sich noch zierte, gab sein älterer Bruder George W., die Nummer 43 im Oval Office , dem Radiosender NPR ein Interview, in dem er den Jüngeren anstachelte. "Jemand kam mal zu mir und sagte, wissen Sie, die Aussicht auf Bush-Clinton-Bush-Obama-Bush, das gefällt mir nicht." Darauf er: "Würde Ihnen dies etwa besser gefallen: Bush-Clinton-Bush-Obama-Clinton?" Bei den Demokraten heißt es umgekehrt, wer Hillary nicht unterstützt, der ebnet einem Bush zum dritten Mal den Weg in die Machtzentrale - "Wollt ihr das wirklich?"

Eigentlich ist es paradox. Als sich die amerikanische Republik von der britischen Monarchie löste, träumten ihre Gründer von einem Musterland mit radikaler Chancengleichheit. Die Fähigsten sollten regieren, nicht die Blaublütigsten wie im alten Europa. Das Vererben von Adelstitel ist laut Verfassung verboten. Doch in Wahrheit pflegt die Nation aber eine heimliche Liebesbeziehung zu Dynastien, meint Barbara Kellerman, Politikprofessorin an der Universität Harvard. Dies liege am Hang der Amerikaner zu Nostalgie und Star-Kult. US-Autor Russ Baker geht mit seinen Landsleuten härter ins Gericht. Er beschreibt ihre Treue zu Familienclans als Paradebeispiel amerikanischer Scheinheiligkeit. "Wir sind neidisch auf die Briten und ihre Königsfamilie, und obwohl wir immer erzählen, dass es bei uns ein jeder aus dem Nichts schaffen kann, sind wir förmlich besessen vom Statusdenken." Namen wie Kennedy, Bush oder Clinton vermittelten Normalbürgern ein Gefühl der Sicherheit, "sodass wir uns kaum noch fragen, für welche Substanz sie eigentlich stehen".

Hillary Rodham Clinton hat ihre Anwartschaft aufs Oval Office praktisch bereits im Sommer angemeldet, als sie mit ihrem Memoirenband "Hard Choices" von Aula zu Aula tourte. In den Reihen der Demokraten scheint sie im Augenblick unangefochten, auch wenn warnende Stimmen daran erinnern, dass eine Partei mit ausgeprägter Streitkultur eine Favoritin nicht einfach krönt. Bei John Ellis Bush liegen die Dinge anders. Mindestens zwei Konkurrenten rechnen sich gute Chancen aus, Senator Marco Rubio aus Miami und Chris Christie, der ebenso schwergewichtige wie wortgewaltige Gouverneur New Jerseys. Ein Dritter wäre Mitt Romney , der mit dem Gedanken an ein Comeback spielt. Das wird hart für Jeb Bush. Seit er sich 2007 aus dem Gouverneurspalast Floridas verabschiedete, hat er kein öffentliches Amt mehr ausgeübt. Die Kunst harter Debatten im Scheinwerferlicht muss er erst wieder lernen - geben Skeptiker zu bedenken.

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