Dschihad in Peking?

Peking · Sicherheit ist oberstes Gebot für Chinas Staatsführung. Aber nun gelang ein Anschlag im Zentrum der Hauptstadt. Mehrere Menschen starben. Das könnte erst der Anfang sein, warnt ein Experte.

Es ist eine Attacke mitten ins Herz Chinas. Ausgerechnet vor dem riesigen Porträt des Revolutionsführers Mao Tsetung am Kaiserpalast in Peking steht ein Auto in Flammen. Zwei Touristen kommen ums Leben, als sich der Wagen wenige Minuten zuvor durch eine Menschenmenge rammt. Im Auto verbrennen am Montag die drei Insassen. Ein Terroranschlag im Machtzentrum Chinas, räumt Chinas Polizei zwei Tage später ein.

Der Angriff könnte erst der Anfang sein, meint der politische Kommentator Zhang Lifan. "Ähnliche Fälle könnten noch häufiger passieren", sagt er. Es gehe nicht um ein Sicherheitsproblem. Ganz im Gegenteil sei schon jetzt das Gelände um den Tian'anmen-Platz sehr stark bewacht. Die Ursache für eine Eskalation von Gewalt könnte hingegen aus der Bevölkerung kommen. "Die Unzufriedenheit mit dem Regime wächst in der Gesellschaft." Gerade die Probleme mit Minderheiten seien nicht gelöst.

Aber noch gibt es offene Fragen zu der Attacke. Warum saßen in dem Auto am Montagmittag drei Menschen, und dann auch noch ein Mann mit seiner Frau und Mutter? Das scheint nicht zu dem Muster von anderen Anschlägen zu passen. War es ein Unfall, dass der Wagen einen Pfeiler an der uralten marmornen Jinshui-Brücke rammte? Oder wollten sie das Auto absichtlich genau dort in Flammen aufgehen lassen?

Die Attentäter sowie fünf festgenommene Komplizen sollen muslimische Uiguren aus der westchinesischen Provinz Xinjiang sein. Der Fund mindestens einer Flagge mit einem Aufruf zum Dschihad (zum Heiligen Krieg) deutet auf einen islamistischen Hintergrund. Menschenrechtsgruppen nennen Xinjiang ein "Pulverfass". Bei blutigen Zusammenstößen zwischen Uiguren und Han-Chinesen sterben immer wieder Menschen. Seit die kommunistische Führung die Region 1955 einverleibt hat, klagen Uiguren immer wieder über Diskriminierung. Peking spricht hingegen von Terroristen.

Das Ziel vom Montag hätte kaum brisanter sein können. Vom Tor vor dem Kaiserpalast hatte Mao Tsetung 1949 die Gründung der Volksrepublik ausgerufen. Gleichzeitig ist der Ort aber auch symbolträchtig für die Kritik an der Kommunistischen Partei. 1989 hatten über Wochen Studenten auf dem gegenüberliegenden Tian'anmen-Platz campiert und Reformen gefordert, bis ihr Protest blutig niedergeschlagen wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort