Drohung mit reichlich Zündstoff

Bremen/Saarbrücken · Bis zu 360 000 Euro zahlt der Steuerzahler in Bremen für Einsätze der Polizei bei Fußball-Spielen, sagt der dortige Senat. Dass er die Vereine dafür künftig mit zur Kasse bitten will, erhitzt die Gemüter.

Es sind verstörende Szenen, die sich an diesem Samstagmittag im Dezember 2013 im Bremer Kneipenviertel abspielen. 200 Fans des heimischen Fußball-Bundesligisten Werder Bremen rauschen wie von Sinnen in ebenso viele Anhänger des FC Bayern München - des großen Rivalen aus dem Süden. Sie haben sich vermutlich vor dem Spiel verabredet, um die Partie der Clubs, die kurze Zeit später im wenige Kilometer entfernten Weserstadion gespielt wird, im Vorfeld auszutragen. Auf der Straße. Mit Fäusten. Mittendrin: Dutzende Polizisten der Hansestadt. Mit Schlagstöcken und Pfefferspray trennen sie die Gruppen. Einige Rowdys greifen daraufhin die Beamten mit Pfefferspray an. Am Ende landen 15 Schläger in Gewahrsam, acht Polizisten sind verletzt.

Der Bremer Senat hat die Nase voll von solchen Szenen. Gerade wegen der Kosten. Bis zu 360 000 Euro zahle das Land, also der Steuerzahler , für solche Polizei-Einsätze. Die SPD-geführte Stadtstaat-Regierung will deshalb die Deutsche Fußball-Liga (DFL) künftig zur Kasse bitten. Und zwar immer dann, wenn die Polizei bei "Risiko-Spielen" von Werder ausrücken muss. Erstmals soll der Ligaverband der 36 Proficlubs im Dezember nach dem Heimspiel von Bremen gegen Hannover 96 eine Rechnung erhalten, polterte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD ) am Dienstag. Beschlossen ist noch nichts. Erst nach der Sommerpause soll der Landtag die Regelung beschließen.

Die Drohung allein sorgt aber bereits für reichlich Zündstoff. Allen voran reagieren die deutschen Fußball-Bosse Reinhard Rauball und Wolfgang Niersbach empört. "Der Bremer Alleingang ist mit unseren verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar", sagt Liga-Präsident Rauball. Und auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zeigt sich knallhart. Bis auf Weiteres streicht der DFB laut "Bild" das Weserstadion als Austragungsort für Länderspiele. Die Nationalmannschaft muss sich für das EM-Qualifikationsspiel gegen Gibraltar (14. November) eine neue Spielstätte suchen. "Es kann nicht sein, dass wir Bremen etwas Gutes tun, und im Umkehrschluss fürchten müssen, dass wir für bestimmte Kosten von dort aus in Anspruch genommen werden", sagt DFB-Präsident Niersbach. Werder Bremen kündigte juristische Schritte gegen die Pläne des Senats an.

Auch in der Politik schlägt der Vorstoß der Bremer Senatoren hohe Wellen. Eine deutliche Absage erteilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ) den Bremer Plänen. "Die häufigen Probleme im Zusammenhang mit Fußballspielen können im Kern nicht dem Veranstalter, sondern müssen in erster Linie den Gewalttätern zugerechnet werden. Infolgedessen ist eine Kostenpflicht für Veranstalter nicht zielführend und lenkt vom eigentlichen Problem ab." Doch nicht nur Berlin stellt sich gegen Bremen , sondern auch die Landesregierungen. Die Hansestadt steht aktuell allein auf weiter Flur.

Warum? "Der Vorschlag ist rechtlich höchst bedenklich", erklärt Ralf Porzel, der Chef der Gewerkschaft der Polizei im Saarland. Das Gewaltmonopol liege nun mal beim Staat. Deshalb muss auch dieser für Sicherheit und Ordnung im Land sorgen und die Kosten dafür übernehmen. "Und das gilt auch für Fußballspiele." Zwar greife in den Stadien das Hausrecht und so müssten auch die Veranstalter die Ordner zahlen. Doch sobald die Lage dort eskaliert, sei die Polizei zuständig. "So ist nun mal das Gesetz. Das ist beispielsweise auch nicht anders bei Fällen von häuslicher Gewalt." Den Vorstoß aus dem Norden wertet Porzel deshalb als "populistisch". "Da wird nur dem Volk nach dem Mund geredet." Vielmehr sollten die Vereine das Geld, das sie wie vorgeschlagen für die Polizeieinsätze berappen sollen, in Gewaltprävention stecken. "Da ist es besser aufgehoben. Das hilft allen: den Clubs, den friedlichen Fans und den Polizisten ."

Wie tief verwurzelt die Gewaltbereitschaft in manchen Fans ist, zeigen die Krawalle von Bremen . Die Münchner fertigten die Kicker im Norden klar ab - mit 7:0. Angesichts der Überlegenheit der Bayern in dieser Saison war ihr Sieg keine riesige Überraschung. Ein plötzliches Umschlagen der Emotionen gab es da kaum. Für die gewalttätigen Anhänger ging es scheinbar nur um eines - um Gewalt.

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