Dresdner Blamage ist jetzt amtlich

Dresden. Zuletzt machte es die Unesco doch noch spannend: Mit mehr als einem Tag Verzögerung besiegelte das Welterbekomitee am späten Donnerstagnachmittag das Schicksal des Dresdner Elbtals. Nach fünf Jahren wurde die Kulturlandschaft wieder von der renommierten Welterbeliste gestrichen

Dresden. Zuletzt machte es die Unesco doch noch spannend: Mit mehr als einem Tag Verzögerung besiegelte das Welterbekomitee am späten Donnerstagnachmittag das Schicksal des Dresdner Elbtals. Nach fünf Jahren wurde die Kulturlandschaft wieder von der renommierten Welterbeliste gestrichen. Die Entscheidung, die das Welterbekomitee auf seiner Tagung im spanischen Sevilla traf, kommt keineswegs überraschend. Es ist vielmehr der traurige Schlusspunkt jahrelanger Querelen um den Bau der Waldschlößchenbrücke.

Damit steht Deutschland nun auf einer Stufe mit Oman, das vor zwei Jahren zum ersten Mal überhaupt einen Welterbetitel verlor. Anders als Oman, das die Streichung eines Wildschutzgebietes von der Welterbeliste selbst beantragt hatte, kämpfte Dresden bis zuletzt gegen den Verlust des Titels. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) war eigens nach Sevilla gereist, um vor dem Welterbekomitee einen Aufschub der Entscheidung bis zur Fertigstellung der Brücke zu erreichen. Dann - so der Hintergedanke - könnte doch jeder sehen, dass die Brücke die Landschaft weniger verschandelt als befürchtet. Doch Orosz konnte das Ruder nicht mehr herumreißen. Die Hüter des Welterbes haben es sich nicht leicht gemacht mit ihrer Entscheidung.

Im vergangenen Jahr hatten sie Dresden eine letzte Chance eingeräumt, den Brückenbau doch noch zu stoppen. Doch die Stadt blieb hart - sie lehnte auch eine Tunnelvariante ab, die den Welterbetitel vielleicht hätte retten können. Irgendwann war der Streit festgefahren. "Ich hätte mir viel mehr Offenheit auf beiden Seiten für eine Veränderung der Brückenpläne gewünscht", erklärte der Präsident der Deutschen Unesco-Kommission, Walter Hirche.

Für die Unesco ging es letzten Endes aber auch um Glaubwürdigkeit. Und die hängt entscheidend davon ab, wie ernsthaft der Zustand der Welterbestätten überwacht wird. Dabei war der Jubel vor fünf Jahren groß, als das idyllische Elbtal bei Dresden mit seinen weiten Wiesen und den von historischen Bauten gesäumten Hängen den Sprung auf die Welterbeliste schaffte. Nur wenig später schon sorgten jedoch die Baupläne für die vierspurige Elbbrücke für Unmut und Streit, schließlich fand sich das Elbtal 2006 auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten wieder. Die letzten Jahre waren geprägt von politischen und juristischen Geplänkeln.

Naturschützer versuchten vergeblich, den Brückenbau per Gerichtsbeschluss zu verhindern. Für Dresden bedeutet der Verlust des Titels nicht nur weniger Renommee, sondern er hat auch handfeste finanzielle Folgen. Die Stadt bekommt kein Geld aus dem 150 Millionen Euro schweren Förderprogramm des Bundes für Welterbestätten. Insgesamt 13 Millionen Euro hatte Dresden beantragt. Doch auch für die Bundesrepublik bedeutet die Entscheidung einen erheblichen Imageschaden. Schließlich gehört Deutschland zu den Unterzeichnern der Welterbekonvention, mit der sich die Vertragsstaaten verpflichten, für den Schutz und Erhalt ihrer Welterbestätten zu sorgen. Der Deutsche Kulturrat sieht Deutschland "in der Welt blamiert" und kritisiert zugleich die "Sturheit" der Dresdner Stadtspitze.

Während für die Unesco das Kapitel Waldschlößchenbrücke nun vorerst abgeschlossen ist, dürfte der geplante Bau einer Rheinbrücke im Loreley-Tal in Rheinland-Pfalz weiter für Zündstoff sorgen. Kritiker sehen auch den 2002 verliehenen Welterbetitel für das Obere Rheintal in Gefahr. Insofern ist die Unesco-Entscheidung zu Dresden ein klares Warnsignal.

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