DIW-Expertin: "Ich rechne mit einem Ansteigen der Strompreise"

Ist der Beschluss zur Laufzeitverlängerung vernünftig?Claudia Kemfert: Das kann man so einfach nicht sagen. Es hängt davon ab, wie das Energiekonzept am Ende insgesamt aussieht und wie der restliche Kraftwerkspark gestaltet wird. Fast 50 Prozent des Stroms werden derzeit noch in Kohlekraftwerken hergestellt

Ist der Beschluss zur Laufzeitverlängerung vernünftig?Claudia Kemfert: Das kann man so einfach nicht sagen. Es hängt davon ab, wie das Energiekonzept am Ende insgesamt aussieht und wie der restliche Kraftwerkspark gestaltet wird. Fast 50 Prozent des Stroms werden derzeit noch in Kohlekraftwerken hergestellt. Wenn man das Ziel des Ausbaus erneuerbarer Energien ernst nimmt, kann und muss sich dieser Anteil des Kohlestroms in den nächsten zehn Jahren deutlich vermindern.Sie meinen, dass die Kohle der eigentliche Verlierer der Entscheidung vom Sonntag ist?Kemfert: Teil des Energiekonzeptes muss es sein, dass der Neubau von Kohlekraftwerken nicht mehr genehmigt wird. Sonst ist das Ziel, bis 2050 rund 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, nicht zu erreichen.Wie hoch schätzen Sie die Extragewinne der Stromkonzerne durch die Laufzeitverlängerung?Kemfert: Das hängt davon ab, wie sich der Großhandelspreis für Strom an der Börse entwickelt. Ein Mittelwert von etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr ist aber realistisch. Das wären rund 60 Milliarden Euro, die in den durchschnittlich zwölf Jahren längerer Laufzeit zusätzlich verdient werden würden.Davon will die Regierung 30 Milliarden Euro abschöpfen. Ist das zu viel oder zu wenig?Kemfert: Die Brennelementsteuer mit 2,3 Milliarden Euro pro Jahr ist angemessen. Entscheidend ist jetzt, dass die Abgabe von zusätzlich 200 Millionen Euro pro Jahr, die ja später auf 2,3 Milliarden anwachsen soll, in einen Fonds fließt. Aus dem muss der Ausbau der Infrastruktur für die erneuerbaren Energien finanziert werden. Hier gibt es einen großen Investitionsstau.Zementiert die Laufzeitverlängerung die Marktmacht der großen Stromkonzerne?Kemfert: Wenn man weiter Kohlekraftwerke genehmigt und wenn man den geplanten Fonds nicht für den Ausbau der erneuerbaren Energien nutzt, dann ja.Atomstrom ist am billigsten zu produzieren. Können die Verbraucher jetzt mit sinkenden Strompreisen rechnen?Kemfert: Schön wär's. Wir haben ja jetzt 22 Prozent Atomstrom, und trotzdem steigen die Preise. Das liegt daran, dass wir zu wenig Wettbewerb haben. Die Oligopole haben auch in der Vergangenheit die Gewinn-Margen für ihren Atomstrom nicht an die Verbraucher weitergegeben. Nein, statt mit einem Sinken rechne ich mit einem Ansteigen der Preise. Das hängt mit der anziehenden Konjunktur zusammen, aber auch mit den Investitionskosten, die jetzt auf alle Stromanbieter zukommen.

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