Diplomatischer Triumph, schallende Ohrfeige

Tel Aviv. "Der Augenblick ist gekommen, damit die Welt deutlich sagt: Schluss mit Aggression, Siedlungen und Besatzung", erklärte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York. Kurz darauf stimmten 138 UN-Staaten für die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat

Tel Aviv. "Der Augenblick ist gekommen, damit die Welt deutlich sagt: Schluss mit Aggression, Siedlungen und Besatzung", erklärte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York. Kurz darauf stimmten 138 UN-Staaten für die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat. Nur neun Staaten - darunter Israel selbst und die USA - votierten dagegen, 41 teils enge Verbündete Israels wie etwa Deutschland enthielten sich.Ein diplomatischer Triumph für Abbas und eine schallende Ohrfeige für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der aber schlug sofort zurück und genehmigte schon am Freitag den Bau 3000 neuer Wohneinheiten in Ost-Jerusalem und im Westjordanland. Netanjahu hatte schon in den Jahren zuvor die Geduld selbst guter Freunde hart strapaziert, indem er trotz des Bekenntnisses zur Zwei-Staatenlösung weiter an den israelischen Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem bauen ließ. Die Zeitung "Times of Israel" schrieb zu den Gründen, warum selbst Länder wie Deutschland nicht mit Nein stimmten: "Sie haben Jerusalem einen Weckruf geschickt, dass die Zeit für eine Zwei-Staatenlösung abläuft." Die Zeitung "Haaretz" berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen Vertreter Deutschlands sogar, die Bundesregierung sei verärgert, weil Israel in der Frage des Siedlungsbaus einfach zu keinen Zugeständnissen bereit gewesen sei. Der Ärger nicht nur in Berlin, sondern vor allem auch in Washington dürfte jetzt eher noch wachsen.

In den Wochen vor der Abstimmung hatte Israel zunächst den Teufel an die Wand gemalt für den Fall, dass die UN Palästina anerkennen. Mit der Aufkündigung der Oslo-Friedensverträge und der Annexion der Siedlungen im Westjordanland drohte der rechtsgerichtete Außenminister Avigdor Lieberman. Dann aber kam der achttägige Gaza-Konflikt, aus dem die radikal-islamische Hamas gestärkt hervorging. Abbas müsse nun dringend unterstützt werden, argumentierte etwa Israels früherer Vize-Außenminister Jossi Beilin. Zum Beispiel durch einen Erfolg bei den Vereinten Nationen.

Als absehbar wurde, dass sich Abbas nicht von seinem Gang nach New York würde abbringen lassen, schaltete die Regierung in Jerusalem um. "Dies ist eine leere Geste ohne Bedeutung, die keine Änderungen vor Ort bringt", versuchte Netanjahu den Vorgang nun zu bagatellisieren.

Warum der UN-Antrag erst ganz schlimm und dann irrelevant gewesen sein soll, ließ er offen. Einen Palästinenserstaat könne es nur nach einem Friedensschluss mit Sicherheitsgarantien für Israel geben. Die USA bliesen in dasselbe Horn.

Was macht Obama?

Aber Israel sind weitgehend die Hände gebunden. Bessere Friedenspartner als Abbas und seine moderate Fatah sind momentan nicht in Sicht. Und Strafaktionen wie das Zurückhalten von Zöllen und Steuern, die es für die Palästinensische Autonomiebehörde einsammelt, könnten Abbas stürzen, die Wirtschaft im Westjordanland zusammenbrechen lassen und neue Gewalt gegen Israel auslösen. Solche Aktionen kämen wohl nur zum Einsatz, wenn die Palästinenser mit Hilfe ihres neuen Status' Israel wegen der Besatzungs- und Siedlungspolitik vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzeigen würden.

Israel wird zumindest bis zur Bildung einer neuen Regierung nach der Parlamentswahl am 22. Januar kaum zu neuen Verhandlungen bereit sein. Das Mitte-Links-Lager, das eher zu Gesprächen zu neigen scheint als Netanjahus rechter Block, ist jedoch zersplittert und kann Umfragen zufolge kaum damit rechnen, die nächste Regierung zu stellen.

Bleibt abzuwarten, ob US-Präsident Barack Obama in seiner zweiten Amtszeit eine aktivere Rolle spielen will und Israel und Palästinenser vielleicht doch noch zu einem Kompromiss bewegen kann.

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