Diplomatischer Sondereinsatz für Obama

Washington. Das Weiße Haus spricht von einer "rundherum privaten Mission", auf die sich der frühere US-Präsident begeben hat, und lehnt es ab, seine Reise weiter zu kommentieren. So verlautet es auch aus dem Umfeld von Ehefrau Hillary Clinton, die zurzeit in Afrika unterwegs ist

Washington. Das Weiße Haus spricht von einer "rundherum privaten Mission", auf die sich der frühere US-Präsident begeben hat, und lehnt es ab, seine Reise weiter zu kommentieren. So verlautet es auch aus dem Umfeld von Ehefrau Hillary Clinton, die zurzeit in Afrika unterwegs ist. "Wir wollen den erfolgreichen Abschluss der Mission und die sichere Rückkehr der Journalistinnen nicht gefährden", erklärte ein Mitarbeiter der US-Außenministeriums. Ausdrücklich dementierte die US-Regierung Berichte, wonach Clinton seinem Gastgeber eine persönliche Botschaft Obamas überbracht habe. Die Informationen stammen von der gewöhnlich zuverlässigen südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhab, die ausführlich über den Empfang Clintons in Pjöngjang berichtete. Ein Staats-Dinner im Gästehaus der Regierung und der hochrangige Empfang am Flughafen von Pjöngjang durch den Chefunterhändler des kommunistischen Staates bei den Atomgesprächen gaben der Visite Clintons entgegen den Beteuerungen aus dem Weißen Haus einen offiziellen Anstrich. Experten gehen deshalb davon aus, dass es bei dem Treffen zwischen Clinton und dem an den Folgen eines Schlaganfalls leidenden Kim Jong Il nicht nur um das Schicksal der beiden zu Arbeitslager verurteilten US-Journalisten ging. Clintons erster diplomatischer Sondereinsatz für die Obama-Regierung ist das Ergebnis eines langwierigen Abwägungsprozesses innerhalb des Weißen Hauses. Vor der Entscheidung für die Entsendung des ehemaligen Präsidenten in der vergangenen Woche hatte man andere Emissäre erwogen. Die Wahl fiel auf Clinton, weil er in Pjöngjang über hohes Ansehen verfügt. Im Jahr 2000 hieß er in Washington den obersten Militärbefehlshaber Nordkoreas, Jo Myong Rok, willkommen. In den letzten Tagen seiner Präsidentschaft hatte er sogar daran gedacht, selbst in das verschlossene Land zu reisen. Am Ende schickte er seine Außenministerin Madeleine Albright. Medienberichten zufolge hat Nordkorea die inhaftierten US-Journalistinnen während des Clinton-Besuchs begnadigt. Die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA nannte die bevorstehende Freilassung der beiden jungen Frauen gestern Abend ein Zeichen für die "menschenfreundliche und friedliebende" Politik des kommunistischen Landes. Die US-Journalisten Euna Lee und Laura Ling waren bei Dreharbeiten für "Current TV" auf nordkoreanisches Hoheitsgebiet gelangt und von Soldaten festgenommen worden. Die Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea befinden sich seit Ende der Clinton-Regierung auf einer Abwärtsspirale. Pjöngjang teste in der Amtszeit Bushs eine Atomwaffe und reicherte genügend Uran an, um acht weitere Nuklearbomben zu bauen. Im Mai provozierte Nordkorea die neue US-Regierung mit einem zweiten Atomwaffen- und mehreren Raketentests. Meinung

Aufwertung für Kim Jong Il

Von SZ-KorrespondentThomas Spang Von einer Privatreise Bill Clintons in das Reich der Steinzeit-Kommunisten kann keine Rede sein. Dafür hatte sein Besuch in Nordkorea viel zu offizielle Züge. Dass das Weiße Haus dennoch darauf beharrt, hat mehr mit außenpolitischem Risiko-Management zu tun. Schließlich hätte niemand in der Regierung die Verantwortung für die Folgen eines möglichen Misserfolgs übernehmen wollen. Der unter den Folgen eines Schlaganfalls leidende Diktator dürfte Befriedigung daraus ziehen, durch die Anwesenheit eines ehemaligen US-Präsidenten eine gewisse Aufwertung erfahren zu haben. Barack Obama kann mit der Mission Clintons nur gewinnen. Zumal die beiden US-Reporterinnen dank Clintons Einsatz tatsächlich frei gekommen sind.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort