Dieter Althaus hatte Glück im Unglück

Es war ein Tag, wie ihn sich passionierte Skifahrer wünschen. Die Sicht über der Riesneralm war gut, die präparierte Piste ein griffiges Gemisch aus Kunst- und Naturschnee. Und dennoch kommt es am Nachmittag dieses 1

 Auf diesem Archivfoto trägt Ministerpräsident Dieter Althaus keinen Schutzhelm. Ein Kopfschutz hat nach Einschätzung von Experten dem 51-Jährigen jetzt das Leben gerettet. Foto: Ossenbrink

Auf diesem Archivfoto trägt Ministerpräsident Dieter Althaus keinen Schutzhelm. Ein Kopfschutz hat nach Einschätzung von Experten dem 51-Jährigen jetzt das Leben gerettet. Foto: Ossenbrink

Es war ein Tag, wie ihn sich passionierte Skifahrer wünschen. Die Sicht über der Riesneralm war gut, die präparierte Piste ein griffiges Gemisch aus Kunst- und Naturschnee. Und dennoch kommt es am Nachmittag dieses 1. Januar 2008 zur Katastrophe: Der 50-jährige Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, kurvt auf seinen Skiern die als mittelschwierig eingestufte Piste "Die Sonnige" hinab. Fast gleichzeitig fährt auf der leichten "Panorama-Abfahrt" die 41 Jahre alte Slowakin Beate C. zu Tal.

An der Kreuzung beider Pisten geschieht es dann. Althaus, ein geübter Skifahrer, und die nicht weniger gut trainierte Frau krachen mit voller Wucht gegeneinander. Die Mutter von vier Kindern stirbt wenige Stunden später auf dem Weg zu einer Unfallklinik, Althaus überlebt mit schweren Kopfverletzungen. Doch wie es zu dem Unglück kam, wird möglicherweise nie geklärt werden können. Keiner hat den Zusammenstoß gesehen, und Althaus wird sich nach Meinung der Ärzte nach seinem Erwachen aus dem Tiefschlaf an nichts mehr erinnern können.

Jahr für Jahr kommen auf den Skipisten in Österreich und in den übrigen Alpenregionen Dutzende Menschen bei solchen Unfällen ums Leben. 21 Ski-Tote zählten die Statistiker in der vergangenen Saison allein in der Alpenrepublik. Rund 60 000 erlitten Verletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten - mehr als 5000 davon am Kopf. Erst in der vergangenen Woche wurde im Salzburger Skigebiet von Mittersill ein 57-jähriger Mann aus Thüringen getötet. Er krachte ohne Helm bei hoher Geschwindigkeit mit einem Schüler zusammen, dessen Kopf durch einen Helm geschützt war.

Solche Unfälle sind keine Seltenheit, weiß Bürgermeister Erwin Petz, Geschäftsführer der Riesneralm-Seilbahnen. Doch die Kollision von Dieter Althaus und Beate C. gibt Rätsel auf: "Es ist so, wie wenn es auf einem großen Parkplatz, wo nur zehn Autos stehen, zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen kommt", beschreibt Petz am Freitag die mögliche Situation, die zu der Katastrophe führte.

Welcher Skifahrer nun die Vorfahrt des anderen missachtet hat, ist völlig unklar. Die Verhaltensregeln des Ski-Weltverbandes helfen da kaum weiter, fordern sie doch: "Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt." Jeder müsse dazu "auf Sicht fahren" und "seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen". Unter diesen Voraussetzungen die Schuldfrage zu klären, dürfte der Staatsanwaltschaft Leoben (Steiermark), die Ermittlungen eingeleitet hat, nicht leicht fallen.

Es ist anzunehmen, dass Althaus nur deshalb am Leben blieb, weil er den Rat der Experten befolgte und einen Schutzhelm trug. Verletzungen kann jedoch auch diese dämpfende Hülle angesichts immer höherer Geschwindigkeiten auf der Piste nicht verhindern. Insgesamt haben die Statistiker in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme der "Helmträger" notiert. Im Jahr 2007 war insgesamt bereits jeder zweite Ski-Verletzte durch einen Sturzhelm geschützt. Viele Skiunfälle sind nach Meinung des Wiener Kuratoriums für Verkehrssicherheit "eindeutig vermeidbar". "Wir beobachten, dass sich die Leute immer mehr überfordern", sagt Hanno Bilek vom Innsbrucker Institut für Alpine Sicherheit, der die Todesfälle im Einzelnen untersucht: "Viele, vor allem Ältere, überschätzen sich total." Dass nur neun Prozent aller Unfälle Zusammenstöße sind, grenze angesichts des Gedränges auf den Pisten fast schon an ein Wunder. Zudem würden die Sitten rauer. Immer häufiger komme es nach Kollisionen deshalb auch zur "Fahrerflucht auf Brettern". "Wir beobachten, dass sich die Leute immer mehr überfordern."

Hanno Bilek vom Innsbrucker Institut für Alpine Sicherheit

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