Die zwei NeuenElisabeth Brück: "Ich weiß, dass das die Königsklasse im Fernsehen ist"

Saarbrücken. Manchmal sind Gerüchte dann doch mehr als das. Wie Mitte November in den Medien kolportiert wurde, danach weder bestätigt noch dementiert, wird Schauspieler Devid Striesow der neue "Tatort"-Kommissar des Saarländischen Rundfunks, wie der SR gestern mitteilte

Saarbrücken. Manchmal sind Gerüchte dann doch mehr als das. Wie Mitte November in den Medien kolportiert wurde, danach weder bestätigt noch dementiert, wird Schauspieler Devid Striesow der neue "Tatort"-Kommissar des Saarländischen Rundfunks, wie der SR gestern mitteilte. Weniger bekannt ist die Darstellerin seiner Partnerin: Die Schauspielerin Elisabeth Brück (siehe Text rechts) spielt eine Kommissarin.Der erste, noch titellose Fall mit Striesow und Brück wird laut SR im Sommer 2012 gedreht, das Buch werde zurzeit entwickelt. Präsentiert werden soll es - zusammen mit den Darstellern - am 15. Februar in Berlin beim traditionellen Ophüls-Empfang in der saarländischen Landesvertretung während der Berlinale. Wobei diese örtliche Verbindung von Ophüls-Festival und Saar-"Tatort" wohl symbolischerweise darauf schließen lässt, dass Christian Bauer, der verantwortliche SR-Redakteur, seine Linie weiterverfolgt, die den Saarbrücker "Tatort" zuletzt bei Publikum und Kritik zunehmend erfolgreich machte (und das Verabschieden des Duos Kappl/Deininger umso überraschender): auf junge Autoren und Filmemacher zu setzen, die man zum Beispiel, wie früher schon geschehen, gut bei dem Saarbrücker Nachwuchs-Festival begutachten und zur Mitarbeit gewinnen kann.

Die neuen Ermittler wurden gestern auch, zumindest in einer Collage aus Filmausschnitten ihrer bisherigen Arbeiten, bei einer Sitzung des Rundfunkrates auf dem Halberg vorgestellt. SR-Intendant Thomas Kleist lobte Striesow als einen "der renommiertesten Schauspieler seiner Generation", dem die Kritik attestiere, "fast jede Identität darstellen zu können". Die Kollegin Elisabeth Brück sei "ein noch relativ unbekanntes saarländisches Eigengewächs mit großem Potenzial". Kleist betonte noch einmal, die Vertrags-Nichtverlängerung von Maximilian Brückner und Gregor Weber sei kein Rauswurf, er stellte aber fest, die jüngsten "Tatorte" hätten nicht das Saarlandbild transportiert, das sich viele Zuschauer gewünscht hätten. Kleists Hoffnung: "Ich bin sicher, dass es dem neuen Team hervorragend gelingen wird, den gewohnt spannenden Stoffen, die immer am Puls der Zeit spielen, Leben einzuhauchen, und wir immer auch ein Stück Saarland in die Republik transportieren können."

Wie dieser Transport und das Stück Saarland aussehen sollen, wurde gestern nicht erklärt. Über Geschichten, Autoren, Regisseure, mögliche andere Darsteller - was etwa wird aus Alice Hoffmann und Hartmut Volle? - oder den zukünftigen Dreh- und Ausstrahlungsturnus der SR-"Tatorte" wurde nichts gesagt. Der verantwortliche Redakteur Christian Bauer will den Februar-Termin abwarten, um das neue Konzept vorzustellen; die Agentur von Striesow blockte Anfragen ab ("Der Devid ist beschäftigt. Leider."). Am Freitag hatte er in den Berliner Sophiensälen Premiere mit einer dreistündigen Inszenierung von Tschechows "Kirschgarten" (als Kaufmann Lopachin) - an der Seite von Joachim Król, zurzeit "Tatort"-Ermittler des Hessischen Rundfunks.

Striesow, 38, ist ein umtriebiger Wanderer zwischen den (Medien-)Welten. Seine Ermittler-Rolle in "Bella Block" hat ihn im Fernsehen bekannt gemacht, am Theater hat er viel mit Regisseur Jürgen Gosch gearbeitet, im Kino dreht er mit Autorenfilmern wie Christian Petzold ("Yella"), Dominik Graf ("Der rote Kakadu") und Tom Tykwer ("Drei"), ist aber auch in großen Produktionen wie "Der Untergang" zu sehen - oft in mehreren Filmen pro Jahr.

Im Januar dieses Jahres besuchte er das Saarbrücker Ophüls-Festival (mit dem Film "Verhältnisse") und erzählte da vom enormen Arbeitspensum. Einmal habe er gleich drei Filme gleichzeitig gedreht: "Die Fälscher" in Potsdam, "Bella Block" und "Das Herz ist ein dunkler Wald" in Hamburg - und dann sei noch eine Einladung des Berliner Theatertreffens dazugekommen: "Macbeth" - mit Striesow als Lady Macbeth. "Danach hatte ich ein Burn-out und war zwei Monate lang krank."

Striesows Rollen und Figuren, ob Alltagsmensch oder Psychopath, brennen sich ein - wer ihn etwa als glücklosen Matratzenunternehmer in Hans-Christian Schmids Film "Lichter" gesehen hat, wird ihn nicht mehr vergessen haben. Bekannt im Promi-Sinne ist sein sozusagen "normales" Gesicht aber nicht - für einen Schauspieler eine enorme Freiheit. "Ich staune ja selbst", sagte er beim Festival, "dass die Arbeit so gut läuft und ich nur selten auf der Straße angesprochen werde." Der Darsteller dreht immer wieder mit Nachwuchsregisseuren, etwa beim anrührenden 2009er Ophüls-Film "So glücklich war ich noch nie" als Hochstapler.

"Debütanten haben frische Ideen, sind aber nicht unerfahren", findet Striesow - was gut zu der aktuellen Linie des SR-"Tatort" passen könnte, verstärkt mit jungen Filmern zu arbeiten. Saarbrücken. Zur Rolle selbst darf sie noch nichts sagen, aber sie freut sich enorm. "Ich weiß, dass das die Königsklasse im deutschen Fernsehen ist", sagt Elisabeth Brück. "Wenn ich das spielen darf, ist das wunderbar." Für sie habe der "Tatort" die Verantwortung, aktuelle, relevante Geschichten zu erzählen. Vor dem neuen Kollegen habe sie "großen Respekt". Ansonsten gilt: "Devid Striesow hat schon so viel geleistet - ich muss erstmal zeigen, was ich kann."

Was so klingt, als hätte die 39-Jährige künstlerisch noch nicht viel getan - dabei hat Brück, die in Saarbrücken auch an einer Schauspielschule als Dozentin arbeitet, gerade den selbst produzierten Kurzfilm "Kohlenherz" beim Ophüls-Festival eingereicht, über das Ende des Bergbaus. "Ein artifizielles Märchen über ein Stück Zeitgeschichte", gedreht mit Bergleuten vor Ort.

Im vergangenen Jahr organisierte sie das "Theater im Tunnel" in der alten Grube in Velsen (wo übrigens 2008 der SR-Tatort "Das schwarze Grab" entstand). Demnächst will sie andere Orte der Industriekultur bespielen und generell weiterarbeiten an einem Theater der ungewöhnlichen Spielorte: zum Beispiel auf dem Friedhof St. Johann in Saarbrücken, wo "lebende mit den ruhenden Seelen zusammengebracht werden" sollen.

Ihre Schauspielausbildung hat Brück am "Conservatorium de la ville Luxembourg" absolviert, dazu eine Masterclass in Los Angeles. In der internationalen Produktion "Deepfrozen" des Luxemburgers Andy Bausch spielte sie 2005 mit, an der Seite von Peter Lohmeyer und Ingrid Caven ("das war wie ein Zuckerstückchen in meinem Leben"); 2010 stand sie neben Maximilian Schell in "Lieben Sie Strindberg" auf der Bühne des Grand Théatre Luxembourg. Den ersten Auftritt hatte sie 30 Jahre zuvor bei der Katholischen Spielschar in Ensdorf - mit Fontanes "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland", für Brück ein magischer Moment und auch ein früher Beleg, dass es mehr Männer- als Frauenrollen gibt. Dennoch: "Das Kirchenhaus war vollbesetzt, ich habe Spielfreude und Herzblut entwickelt - und das ist bei jeder Rolle so geblieben." tok Foto: Steffen Möller/SR

Am Rande

Das Ende eines beliebten "Tatort"-Ermittlerteams bedeutet nicht, dass die Nachfolger schlechtere Quoten einfahren. Das bewies der Hessische Rundfunk, der nach Andrea Sawatzki als Charlotte Sänger und Jörg Schüttauf als Friedrich Dellwo im Mai zwei neue Ermittler in Frankfurt auf Verbrecherjagd schickte. Joachim Król als Frank Steier und Nina Kunzendorf als Conny Mey erreichten in ihren ersten beiden Fällen beachtliche Quoten. 8,71 Millionen Zuschauer sahen den ersten Fall im Mai (Marktanteil 27,5 Prozent), beim zweiten Fall im November waren es schon 9,30 Millionen Zuschauer (Marktanteil 24,8 Prozent). Ihre Vorgänger hatten sich im September 2010 mit 7,61 Millionen Zuschauern (Marktanteil 22 Prozent) verabschiedet. uo

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