Windkraft in Frankreich Die Windkraft hat es schwer in Frankreich

Paris · Im Atomstrom-Land gibt es viel Protest gegen die Anlagen. Dabei hinkt die Republik bei der Energiewende ohnehin hinterher.

 Im Land der Trikolore kommen die Windräder nur schwer in Gang. In Umfragen gibt es zwar breite Zustimmung, trotzdem regt sich Protest bei vielen Projekten.

Im Land der Trikolore kommen die Windräder nur schwer in Gang. In Umfragen gibt es zwar breite Zustimmung, trotzdem regt sich Protest bei vielen Projekten.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Wer das erste schwimmende Offshore-Windrad Frankreichs sehen will, muss sich auf eine Dreiviertelstunde Überfahrt gefasst machen. Rund 22 Kilometer vom bretonischen Badeort Le Croisic entfernt, thront der 60 Meter hohe Mast mit seinen 40 Meter langen Flügeln auf einem gelben Betonrechteck im Meer. Ein zweijähriges Pilotprojekt, das das französische Unternehmen Ideol steuert. „Das schwimmende Windrad ist die Zukunft der auf dem Meer gewonnenen Windenergie“, sagt Ideol-Chef Paul de la Guérivière der Zeitung „Le Monde“. Nicht nur, weil die schwimmenden Riesen weit draußen deutlich stärker dem Wind ausgesetzt sind als ihre Pendants entlang der Küste. Sondern auch, weil sie mit ihrer großen Entfernung zum Festland auch für weniger Ärger sorgen.

Denn in Frankreich gibt es teilweise erbitterten Widerstand gegen die Windräder. Gegen rund 70 Prozent der Projekte wird vor den Verwaltungsgerichten Einspruch eingelegt. Vor fünf Jahren waren es noch 50 Prozent. „Die Windanlagen sind die derzeit größte Bedrohung für die französischen Landschaften“, schimpft der Vorsitzende der Gesellschaft Stätten und Denkmäler, Alexandre Gady, im „Figaro“. „Frankreich mit seinen einzigartigen Orten droht auf einförmige Art von einem weißen Industrieobjekt mit simplem Design überwuchert zu werden.“ Deshalb sei Frankreich auch weltweit das Land mit den meisten Beschwerden gegen die „Eoliennes“.

Einige von ihnen haben auch Erfolg. Zum Beispiel gegen vier Windräder, die rund 25 Kilometer entfernt vom weltberühmten Klosterberg Mont-Saint-Michel entstehen sollten. Das Verwaltungsgericht Rennes stoppte das Projekt 2013, da die Anlage bei gutem Wetter den Blick auf den unter Unesco-Schutz stehenden Berg verschandelt hätte. In der Provence verweigerte ein Präfekt die Zustimmung zu Windrädern, die in der Sichtachse des ebenfalls weltbekannten Aquädukts Pont du Gard gebaut werden sollten. Die Vereinigung für dauerhafte Umwelt unterstützt die Beschwerdeführer. „Die Zeit läuft gegen die Unternehmen, die Geld hineinstecken“, sagt der Vorsitzende Jean-Louis Bultré, der wie viele andere Windkraftgegner offen auf Atomkraft setzt.

Die Rechnung von Bultré geht auf: Sieben bis neun Jahre dauert es, in Frankreich ein Windkraftprojekt umzusetzen. In Deutschland sind es drei bis vier. Die Abschaffung einer Beschwerdestufe soll nun die Verfahren um zwei Jahre abkürzen. Denn Frankreich ist in Windenergie ohnehin hinten dran. 7300 Windräder stehen – rund viermal weniger als in Deutschland. Nur fünf Prozent des Energie-Mixes stammen aus Windenergie. Ein kläglicher Anteil im Vergleich zur Atomenergie, die 75 Prozent ausmacht. Doch auch der Atomstromproduzent Nummer eins in Europa leitet eine schüchterne Energiewende ein: Der Anteil der Atomkraft soll bis 2035 auf 50 Prozent heruntergefahren werden. Mindestens 17 Reaktoren müssten dafür vom Netz, rechnete Umweltminister Nicolas Hulot vor. Bisher ist noch kein einziges Akw abgeschaltet, und das Aus für Fessenheim am Oberrhein verzögert sich. Kein Wunder also, dass im Dezember in einer von der Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gegebenen Umfrage 83 Prozent der Meinung waren, dass Frankreich lieber in Erneuerbare Energien investieren sollte. Auch Windräder werden durchaus akzeptiert, 75 Prozent waren in einer Umfrage von 2016 dafür.

Mit der zweitlängsten Küste Europas hat Frankreich bei Windenergie viele Möglichkeiten. Doch sieben Jahre nach dem Ausschreibungsverfahren ist noch kein einziger Windpark im Meer installiert. Ein Rückstand, den auch das Pilotprojekt in der Bretagne nicht mehr aufholen kann.