Die Welt huldigt dem deutschen Fußball

Historisch, epochal, einzigartig – die Superlative waren allzu schnell aufgebraucht nach dem 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien. So mancher war ohnehin einfach sprachlos.

 Die berühmte Christus-Statue in Schwarz-Rot-Gold: Das Lichtspiel zum Beginn des Deutschlandjahres im Mai mag manchem Brasilianer jetzt wie ein Omen erscheinen. Foto: OBS

Die berühmte Christus-Statue in Schwarz-Rot-Gold: Das Lichtspiel zum Beginn des Deutschlandjahres im Mai mag manchem Brasilianer jetzt wie ein Omen erscheinen. Foto: OBS

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Und die Euphorie schwappte nicht nur hierzulande über. Die Fußballwelt verneigte sich vor den deutschen WM-Helden. Nie zuvor wurde die DFB-Elf weltweit so gefeiert.

Medien und soziale Netzwerke quollen über vor entgeisterten Schlagzeilen und Kommentaren. Das rauschende Spektakel war kaum beendet, da lobte die internationale Presse die deutsche Mannschaft in den Himmel von Belo Horizonte. "Am Tag des Weltuntergangs wird man sich noch an dieses Halbfinale erinnern", schwärmte die französische "L'Équipe". Nicht minder überschwänglich fiel der Kommentar in der Zeitung "Le Parisien" aus: "Deutschland läuft quasi auf dem Wasser." Für den "Daily Mirror" war es das "tollste WM-Spiel aller Zeiten", für das "Svenska Dagbladet "eine Show, wie wir sie noch nie gesehen haben". "Sowjetski Sport" bestaunt die nicht für möglich gehaltene Dominanz von Philipp Lahm & Co.: "Deine Augen sehen es, aber der Verstand kann es nicht fassen. Deutschland gegen Brasilien 7:1." Mit ähnlicher Bewunderung beschreibt auch die russische Zeitung "Sport Express" die Demütigung für den Rekordweltmeister: "Die brasilianischen Spieler wirkten wie Clowns aus einem Wanderzirkus. Im Boxen hätte der Ringrichter den Kampf bald abgebrochen."

Auch die Granden des Fußballs waren überwältigt. Argentiniens Idol Diego Armando Maradona - Spitzname "Hand Gottes" - huldigte dem souveränen Sieger. "Ich hätte nicht gedacht, dass Deutschland so mächtig, so plattmachend, so überzeugend sein würde. Sie schienen wie zwei Brasilien zusammen", befand der Weltmeister von 1986. Englands einstiger Superstürmer Gary Lineker , jetzt TV-Moderator bei der BBC, verriet mit einem Augenzwinkern: "Unser Statistik-Mann hat sich spontan selbst verbrannt." Der frühere niederländische Weltklasse-Spieler Edgar Davids urteilte bei Twitter überwältigt: "140 Zeichen sind nicht genug, um das Brasilien-Deutschland-Spiel zu erklären."

Viele brachten ihren Unglauben und ihre Begeisterung über den Kurznachrichtendienst zum Ausdruck: Twitter verkündete, mit 35,6 Millionen Tweets sei das Spiel das meistkommentierte Sportereignis seit Bestehen des Dienstes gewesen. Weit dahinter abgeschlagen der diesjährige Super Bowl mit 24,9 Millionen. Nach dem fünften Tor für Jogis Jungs schoss die Anzahl der Nachrichten pro Minute auf 580 166 - auch das ein Rekord.

Tausende Internet-Nutzer reagierten auch mit Humor auf die deutsche Torgala. Beliebtes Objekt für Fotomontagen war die berühmte Christus-Statue von Rio de Janeiro. Mal hält sie sich aus Scham vor der hohen Niederlage des heimischen Nationalteams die Hände vor das Gesicht. Mal wird aus ihr eine jubelnde Angela Merkel. Oder sie wird kurzerhand durch das Brandenburger Tor ersetzt. Ein anderes Ulk-Bild zeigte den verwaisten Platz von Cristo Redentor mit dem Schild "Bin in der Kneipe".

Eines der erhabensten Bilder nach dem außergewöhnlichen Sieg war allerdings keine Montage. Das Empire State Building in New York war in die deutschen Nationalfarben getaucht. Normalerweise kommt diese Ehre Deutschland meist nur einmal im Jahr zu - am Tag der Deutschen Einheit im Oktober.

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Auf einen BlickHistorische Quote: 32,57 Millionen Menschen in Deutschland sahen das 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien bei der Fußball-WM. Laut ZDF ist das der höchste Wert seit Beginn der Quotenmessung. afp Dieser Mut wurde belohnt: Bei einem Londoner Sportwetten-Anbieter tippten gleich vier Wettfreunde das 7:1 der Deutschen gegen Brasilien richtig und dürfen sich über einen Geldregen freuen. Bei einer Gewinnchance von 1000:1 erhielt zum Beispiel ein Wetter aus Essex bei einem Einsatz von fünf Pfund (6,30 Euro) einen saftigen Gewinn von 5000 Pfund (6300 Euro). sid Zwei saarländische Top-Politiker meldeten sich per Twitter beim WM-Halbfinale zu Wort. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer staunte nicht schlecht: "Sitze in Staatskanzlei am Schreibtisch, mache Fernseher an . . . und bin gerade nur noch fassungslos!!!" Bundes-Justizminister Heiko Maas verwies scherzhaft auf das WM-Qualifikationsspiel 2012 in Berlin, als Deutschland gegen Schweden mit 4:0 führte, die Partie aber 4:4 endete: "Das fünfte Tor war nur zur Sicherheit, damit die Brasilianer nicht in der Halbzeit 11 Schweden einwechseln . . ." em Schnäppchen: Der 7:1-Sieg hat manchem Kunden gestern saftige Rabatte beschert. Bei einem Optiker in der Saarbrücker Bahnhofstraße herrschte schon zur Ladenöffnung Hochbetrieb. Dort gab es auf jede Brille zehn Prozent Rabatt pro Tor der deutschen Mannschaft. lrs

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