Die Vermessung der Republik

Berlin/Saarbrücken · Wann heiratet der Durchschnitts-Deutsche? Wie viel raucht er? Und was steht in seiner Wohnzimmer-Schrankwand? Das Statistische Jahrbuch liefert Antworten auf fast alles – selbst auf die Frage, was die deutsche Legehenne im Jahr so leistet.

Der Deutsche isst pro Jahr etwa 96 Kilogramm Gemüse und 214 Eier. Er verspeist rund 55 Kilo Kartoffeln, 88 Kilo Fleisch - und zwei Liter Kondensmilch. Hinzu kommen im Jahr durchschnittlich 99 Liter Bier pro Kopf, und 996 Zigaretten. Der Deutsche heiratet immer später und lässt sich auch mit dem Kinderkriegen mehr Zeit als früher. Er schaut jeden Tag mehr als dreieinhalb Stunden fern und verbringt viel Zeit im Internet. Das neue Statistische Jahrbuch liefert Einblicke in das Leben des Durchschnittsbürgers und den Zustand des Landes.

Es ist eine immense Datensammlung. Das Statistische Jahrbuch ist eine fast 700 Seiten starke Aneinanderreihung von Zahlenkolonnen jeder Couleur - von den Sonnenstunden am Kahlen Asten über die Zahl der Adoptionen, die beliebtesten Ausbildungsberufe, die Länge der deutschen Autobahnen bis zum Gewicht des thermisch entsorgten Klärschlamms. Das Statistische Bundesamt trägt diesen Wust an Informationen jedes Jahr zusammen.

Nun ja, darin seien zwar nicht immer ganz brandneue Zahlen zu finden, sagt Behördenchef Roderich Egeler. Aber in seiner Gesamtheit sei es nun mal ein "Nachschlagewerk allerersten Ranges" und "das Standardwerk über Deutschland".

In der Tat findet sich in dem Jahrbuch eine Zahl zu fast jedem Thema. Zum Beispiel zum Verkehr: 12 900 Autobahn-Kilometer ziehen sich durch Deutschland. Knapp 44 Millionen Autos sind in Deutschland zugelassen. Und 3339 Menschen starben im vergangenen Jahr im Straßenverkehr.

Beispiel Arbeitsmarkt: Neben den üblichen Zahlen zu Erwerbstätigen und Arbeitslosen verrät das Jahrbuch etwa, dass eine Stunde Arbeit in Deutschland im Schnitt 31,50 Euro kostet. Und dass etwa jeder achte Beschäftigte 2013 einen Job im Gesundheitswesen hatte.

Eine bleibende Erkenntnis aus der gigantischen Zahlensammlung: Deutschland altert und schrumpft - und das konstant. Schon jetzt sind gut 20 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter. Der Frauenüberschuss beginnt schon ab dem Alter von 57 Jahren. Gut 80 Millionen Einwohner hat die Bundesrepublik derzeit. 2060 werden es nach verschiedenen Berechnungen nur noch 70 Millionen sein - oder wenn es schlecht läuft, sogar nur knapp 64,6 Millionen.

Das wird sich auch auf die Metropolen und Großstädte Deutschlands auswirken. Derzeit gibt es von Berlin bis Saarbrücken noch insgesamt 76 Städte mit jeweils mehr als 100 000 Einwohnern. Allerdings verzeichnen alle östlichen Flächenländer sowie das Saarland gegenüber 2010 Einwohnerrückgänge. Der Rest wächst, ganz besonders Bayern (plus 76 000 Einwohner), Baden-Württemberg (plus 56 000) und Berlin (plus 49 000).

Apropos Demografie: Frauen bekommen ihr erstes Baby im Schnitt mit 29 Jahren. 1,4 Kinder bringen sie pro Kopf zur Welt. Und doppelt so häufig wie vor 20 Jahren tun sie das per Kaiserschnitt im Krankenhaus. Die häufigsten Vornamen des deutschen Nachwuchses waren zuletzt Sophie und Maximilian.

Beim Heiraten sind Frauen im Schnitt 34 Jahre alt, Männer sogar 37 - und damit etwa acht Jahre älter als 1985. Hart, aber wahr: Oft geht es schief mit dem Schwur auf ein gemeinsames Leben für immer und ewig: Im vergangenen Jahr wurde mehr als jede dritte Ehe geschieden.

Durchblutungsstörungen des Herzens sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Aber auch akute Herzinfarkte und Krebs rangieren hier weit vorne. Ermordet wurden 2126 Menschen. Ein schwacher Trost für die Angehörigen der Opfer: 96 Prozent der Mord- und Totschlag-Delikte in Deutschland wurden 2012 aufgeklärt. Eine ähnlich hohe Erfolgsquote gibt es bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Vier von fünf Täter werden von der Polizei geschnappt (81 Prozent). Wer hingegen ein Fahrrad oder einen Geldbeutel geklaut bekommt, wird sein Hab und Gut wohl nicht mehr wiedersehen. Hier liegen die Aufklärungsquoten bei mageren zehn Prozent und schlechter.

Und noch ein Blick ins deutsche Wohnzimmer: Etwa sieben von zehn Haushalten in Deutschland haben einen Flachbildfernseher. Und die Fernsehzuschauer sitzen im Schnitt drei Stunden und 41 Minuten am Tag vor der Mattscheibe.

Übrigens wird nicht nur der Durchschnittsbürger im Statistischen Jahrbuch gewürdigt, sondern beispielsweise auch die Durchschnitts-Legehenne: Sie brachte im vergangenen Jahr 294,3 Eier hervor - etwas weniger als ein Ei pro Tag.

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