Bundestagswahl Die Union und die „Ehrenamts-Service-Agentur“

Berlin · Die von der Partei geplante Einrichtung soll für Beratung und Entlastung von Bürokratie sorgen — und so mehr Menschen motivieren.

Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen markante und zum Teil auch ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute beschäftigt sich SZ-Korrespondent Hagen Strauß mit der Union, die eine „Ehrenamts-Service-Agentur“ errichten will.

Die Idee: Der Name klingt erst einmal sperrig. Doch CDU und CSU wollen das Ehrenamt auf allen Ebenen stärken, weil Menschen damit einen „unersetzlichen Beitrag“ für das Gemeinwohl leisten. Oftmals ist ehrenamtliche Tätigkeit aber mit ziemlich viel Bürokratie verbunden. Die neue Service-Agentur soll für Entastung und Beratung sorgen – und mehr Menschen motivieren.

Der Haken: Die Union lässt völlig offen, wie die Agentur das konkret leisten soll. Wer wird sie betreiben, wo soll sie ansässig sein, wie wird sie finanziert? Die an sich kluge Idee wird zudem schon oft dort praktiziert, wo die meisten Ehrenamtlichen tätig sind – in den Kommunen, in denen sich Menschen in Vereinen, im sozialen Bereich, bei der Feuerwehr, beim THW, den Sanitätsdienste oder der DLRG engagieren. Städte und Gemeinden haben ihre eigenen Ehrenamts-Agenturen. Da stellt sich dann die Frage des Zusammenspiels.

Die Bewertung: Ehrenamtliche brauchen tatsächlich mehr Wertschätzung und mehr Unterstützung. Denn immer mehr Organisationen wie die Sportvereine haben mit massiven Nachwuchssorgen zu kämpfen. Deutschland wäre arm ohne die freiwillige, unbezahlte Tätigkeit. Dann würden sich die unkomplizierte Hilfe, das zwischenmenschliche Miteinander und unzählige Freizeitangebote wohl auf ein Minimum reduzieren. Das hätte gravierende Folgen für die Gesellschaft insgesamt. Insofern ist es notwendig, sich Gedanken darüber zu machen, wie das Ehrenamt weiter gestärkt werden kann.

Fazit: Gerd Friedsam, Vizepräsident des Technischen Hilfswerks, plädiert für eine bundesweite Marketingstrategie: „Wir müssen ein Produkt schaffen, ein Dach für die vielen Einzelimagekampagnen.“ Das könnte der Unions-Vorschlag leisten. Gleichwohl gilt: In den Kommunen weiß man am besten, wie die Bedürfnisse vor Ort sind. Die vorhandenen Einrichtungen müssten also stärker unterstützt werden, statt eine neue zu gründen. Außerdem müssen die Voraussetzungen für die Übernahme eines Ehrenamtes klar verbessert werden: So sollte jeder mitmachen können und Engagement nicht am Geldbeutel scheitern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anerkennung. Bei Würdigung, Wertschätzung und Erleichterung des Engagements ist noch viel Luft nach oben. So könnten zum Beispiel Weiterbildungen, die für ein freiwilliges Engagement benötigt werden, als Bildungsurlaub anerkannt werden. Das alles kostet Geld. Dafür sollte die Union vordringlich sorgen.
> Serie wird fortgesetzt

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