Die Taktik der Kandidaten stören

Berlin. Die weinrote Bühnenfläche sieht ziemlich abgewetzt aus. Gleiches gilt für die blaue Kulisse dieser kleinen Arena in den Fernsehstudios Berlin-Adlershof. Neun Kameras und 200 Scheinwerfer sind in Stellung gebracht, silberfarben sind die Pulte, an denen Kanzlerin und Herausforderer "im Abstand von 2,40 Meter zueinander" stehen, wie es in den Vorgaben heißt

Berlin. Die weinrote Bühnenfläche sieht ziemlich abgewetzt aus. Gleiches gilt für die blaue Kulisse dieser kleinen Arena in den Fernsehstudios Berlin-Adlershof. Neun Kameras und 200 Scheinwerfer sind in Stellung gebracht, silberfarben sind die Pulte, an denen Kanzlerin und Herausforderer "im Abstand von 2,40 Meter zueinander" stehen, wie es in den Vorgaben heißt. "Auf den Pulten liegen Papier und Stift." Eingelassene Monitore zeigen beiden, wie lange sie schon geredet haben. Länger als 90 Sekunden soll keine Antwort dauern. Gegenüber - "jeweils 3,30 Meter entfernt" - befinden sich die vier weißen Moderatorenplätze, diesmal müssen auch die Fernsehgrößen stehen. Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL), Peter Limbourg (Sat 1) und Frank Plasberg (ARD) sollen von dort aus versuchen, ein bisschen Spannung in den Wahlkampf zu bringen. Und zwar an diesem Sonntag beim "TV-Duell" zwischen Angela Merkel (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) ab 20.30 Uhr live auf allen vier Kanälen. Den Watte-Wahlkampf aufzumischen, dürfte nicht einfach sein. Aus beiden Lagern heißt es, dass nicht mit großen Überraschungen zu rechnen sei. Unentschlossene im VisierVor allem Steinmeier muss angesichts der Umfragen punkten. Das Duell wird zwar nicht wahlentscheidend sein, "eine Super-Performance kann aber Unentschlossene rüberziehen", glaubt Kloeppel. 800 Gäste werden im Pressezentrum nebenan das Duell verfolgen, jedes Lager wird dort eigene Leute platzieren, die die Einschätzungen der Journalisten beeinflussen sollen. Die erste Antwort muss Steinmeier geben, das letzte Statement darf nach eineinhalb Stunden Merkel sprechen. "Wenn sich jemand eine Taktik zurechtgelegt hat, ist es unsere Aufgabe, diese zu stören", sagt Plasberg. Das wird nicht einfach. Zumal auch die Fernsehprofis wissen, dass vier Moderatoren "nicht die Idealkombination ist, Doppelmoderationen sind ja schon schwer", sagt Plasberg. Das Wochenende haben sich Merkel und Steinmeier so gut es geht freigehalten, um mit ihren Stäben die Sendung durchzuspielen und sich Sätze zurechtzulegen. Wer von den Fernsehleuten die erste Frage stellen wird, ist noch ein Geheimnis, gleiches gilt für die Themen. Die Moderatoren haben für die Sendung Pärchen gebildet, Illner und Kloeppel, Limbourg und Plasberg. Die Vorbereitungen zur Sendung seien "völlig entspannt" gewesen, sagt ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. Einmal habe man sich mit den Teams von Merkel und Steinmeier getroffen. Während es beim allerersten TV-Streit 2002 zwischen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber noch ein Regelwerk von 90 Seiten gab, reichen für das vierte Duell in der deutschen Fernsehgeschichte zwei knappe Seiten an Vorgaben.

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