Fahndung mit Fotos Die Soko fahndet öffentlich nach G20-Chaoten

Hamburg/Berlin · Fünf Monate nach den Krawallen in Hamburg suchen Polizisten mit Fotos über 100 Linksextreme – und die Autonomen die Ermittler.

 Ein ungewöhnlicher Schritt: Polizeisprecher Timo Zill zeigt Fotos von Mitgliedern des „schwarzen Blocks“, die sie bislang vergeblich gesucht haben.

Ein ungewöhnlicher Schritt: Polizeisprecher Timo Zill zeigt Fotos von Mitgliedern des „schwarzen Blocks“, die sie bislang vergeblich gesucht haben.

Foto: dpa/Georg Wendt

Mit zum Teil gestochen scharfen Bildern sucht die Polizei seit gestern nach über 100 mutmaßlichen Beteiligten an den G20-Krawallen in Hamburg. Die Fotos wurden zusammen mit Videosequenzen des Tatgeschehens auf die Internetseite polizei.hamburg.de gestellt. Die Aufnahmen seien aus der vorliegenden Datenmenge von mehr als zwölf Terabyte extrahiert worden, sagte Polizeisprecher Timo Zill. Sie hätten teilweise die Qualität von Passbildern. Es sei eine der größten Fahndungen dieser Art. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer bat die Bevölkerung um Mithilfe.

Den insgesamt 104 Gesuchten werden jeweils erhebliche Straftaten vorgeworfen, wie Oberstaatsanwalt Michael Elsner erläuterte. In den meisten Fällen gehe es um gefährliche Körperverletzung, schweren Landfriedensbruch oder Brandstiftung. Nach den Tatverdächtigen habe die Polizei zuvor erfolglos gefahndet. In allen 104 Fällen hätten Amtsrichter der öffentlichen Fahndung zugestimmt.

Die Polizei schätzt, dass in den drei Tagen vom 6. bis zum 8. Juli zwischen 5000 und 6000 Täter aktiv waren. Die Soko „Schwarzer Block“ habe bislang 3340 Ermittlungsvorgänge eingeleitet, sagte Polizeisprecher Zill. Bei mehreren Hundert Verfahren seien Beschuldigte bereits namentlich festgemacht worden. Zudem gab es bereits 20 Strafprozesse.

Die gesuchten Tatverdächtigen sind in der großen Mehrheit junge Männer. Doch auch einige Frauen sind dabei. Besonders auffällig ist etwa eine junge blonde Frau mit bauchfreiem Top und rot-weißen Turnschuhen. Sie ist unter dem Tatkomplex Stein- und Flaschenbewurf aufgeführt. Die Polizei hat das veröffentlichte Material in insgesamt fünf Tatkomplexe unterteilt. Die übrigen vier lauten: Elbchaussee, Rondenbarg, Plünderungen und G20 not welcome.

Berliner Linksautonome reagierten auf die Fotofahndung mit der Veröffentlichung von Bildern von Polizisten. Zu Fotos von 54 Berliner Polizisten, die an Häuserräumungen im Stadtteil Friedrichshain teilgenommen haben sollen, schrieben die Linksextremisten auf der Internetseite Indymedia.org: „Wir freuen uns über Hinweise, wo sie wohnen oder privat anzutreffen sind. Neben der Teilnahme an der Räumung können sie bedenkenlos für die Gewalt der drei Wochen der Belagerung verantwortlich gemacht werden“, steht hier. Rund um den Gipfel waren dabei mehr als 20 000 Beamte im Einsatz. Bei den Krawallen mit den Linksradikalen wurden Hunderte von ihnen verletzt – teilweise sogar schwer.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte dazu: „Diese Denunziation ist unerträglich.“ Polizeigewerkschaften reagierten entsetzt. „Das muss strafrechtliche und politische Konsequenzen haben“, verlangte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte sogar: „Das muss beendet werden, und zwar schnell und nachhaltig. Zum Schutz von Einsatzkräften gehört auch der Schutz der Privatsphäre und der Familien.“

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