Politiker nach der Wahl Die Sieger und Verlierer der ersten Woche

Berlin · Seit der Bundestagswahl haben sich die Parteien in Berlin neu sortiert – nicht jedem Polit-Promi ist das allerdings gut bekommen.

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Foto: SZ

Fünf Tage ist die Bundestagswahl jetzt her. Die Parteien haben begonnen, sich neu zu sortieren und ihre Optionen auszuloten. Wer kommt gestärkt, wer geschwächt aus der ersten Woche nach dem Urnengang heraus? Eine Bestandsaufnahme:

Bei der FDP sind sie alle gestärkt, derzeit gibt es keine Verlierer. Noch mächtiger geworden ist in dieser Woche Parteichef Christian Lindner – er wurde zum Fraktionschef gewählt und führt die Liberalen im Moment souverän durch die Berliner Aufgeregtheiten. Es gibt keine Querelen. Noch nicht. Der Streit um Posten kommt später.

Bei den Grünen scheint Katrin Göring-Eckardt zu sich selbst gefunden zu haben. Die Co-Spitzenkandidatin neben Cem Özdemir hat die Woche mit Bedacht bestritten, sie polarisiert nicht zu stark, und hält damit den Grünen alle Optionen offen. Sie ist eindeutig gestärkt. Demgegenüber ziehen andere schon rote Linien ein, wie die Saarländerin und Grünen-Parteichefin Simone Peter. In der Hoffnung, nicht in Vergessenheit zu geraten.

Bei der AfD sind Alexander Gauland und Alice Weidel eindeutig gestärkt, beide wurden zu Fraktionschefs gewählt. Auch verliefen die ersten Zusammenkünfte der neuen AfD-Abgeordneten weitgehend reibungslos. Frauke Petry, die Noch-Vorsitzende, ist hingegen nicht nur geschwächt – nach dieser Woche wird sie wohl in der politischen Versenkung verschwinden.

Bei der CDU ist Wolfgang Schäuble der Gestärkte. Zwar wäre er wohl auch gerne Finanzminister geblieben. Doch als Bundestagspräsident wird er nun das zweithöchste Amt im Staate bekleiden. Seine Worte haben damit künftig deutlich mehr Gewicht – droht ein Zweikampf mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier?

Schäubles Parteikollege Volker Kauder ist dagegen klar geschwächt. Zwar wurde er wieder zum Unions-Fraktionsvorsitzenden gewählt, doch nur mit 77 Prozent. Seine Nähe und Loyalität zur Kanzlerin wurden ihm von den eigenen Leuten zur Last gelegt. Auch hatten viele in der Fraktion auf einen Generationswechsel gehofft. Kauders Klatsche ist damit auch eine für Merkel, die ebenso zu den Geschwächten der Woche zählt. Sie hat an Autorität verloren.

CSU-Chef Horst Seehofer ist nach dem Wahldesaster so geschwächt, dass es für ihn wohl nur noch darum geht, einen würdevollen Abgang hinzubekommen. Der Parteitag im November könnte erst Recht zum Scherbengericht werden, wenn Seehofer bis dahin nicht klare Erfolge in den Gesprächen mit der CDU erzielt. Gestärkt ist daher sein Gegenspieler und potentieller Nachfolger Markus Söder. Er lässt Seehofer in Berlin machen und wartet geschickt ab. Gestärkt ist auch Alexander Dobrindt. Der Verkehrsminister ist nun das, was er immer wollte: mächtiger CSU-Landesgruppenchef.

Martin Schulz‘ Tage als SPD-Vorsitzender sind womöglich gezählt. Wenn die Niedersachsen-Wahl in zwei Wochen auch noch den Bach runtergeht, könnte er auch sein Amt als Parteichef loswerden. Wie geschwächt Schulz ist, hat auch die Debatte um seine Personalvorschläge gezeigt. Nichtsdestotrotz ist Andrea Nahles als neue Fraktionsvorsitzende die große Siegerin bei den Sozialdemokraten – trotz ihres verbalen Fehltritts (siehe Text unten). Ihr Vorgänger Thomas Oppermann gehört indes zu denen, die die Wahlniederlage in dieser Woche weggespült hat. Wie übrigens demnächst die komplette SPD-Ministerriege, unter anderem Justizminister und Saarländer Heiko Maas.

Christian Lindner (FDP)

Christian Lindner (FDP)

Foto: dpa/Maurizio Gambarini
Wolfgang Schäuble (CDU)

Wolfgang Schäuble (CDU)

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 Volker Kauder (CDU)

Volker Kauder (CDU)

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 Horst Seehofer (CSU)

Horst Seehofer (CSU)

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 Martin Schulz (SPD)

Martin Schulz (SPD)

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Katja Kipping (Linke)

Katja Kipping (Linke)

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Für die Linke lief die Woche nach der Wahl nur vermeintlich ruhig. Was auch daran liegen mag, dass die Partei keine Rolle spielt im sich neu austarierenden Machtgefüge in Berlin. Innerparteiliche Debatten über den Kurs gab es freilich schon, was vor allem die beiden Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger weiter schwächt. Die radikaleren West-Linken haben in der Fraktion neuerdings ein Übergewicht – Streit ist programmiert.

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