Die Schnupperphase ist vorbei

Berlin · „Butter bei die Fische“, fordert Sigmar Gabriel. Bei der zweiten Runde der Koalitionsverhandlungen wollen Union und SPD Teile einer künftigen Europapolitik beschließen. Aber insgesamt gibt es noch viel Uneinigkeit.

Vom Pförtnerhaus unten im Willy-Brandt-Haus kann man auf Monitoren das Geschehen in vielen Räumen im Blick behalten. Es ist daher wohl auch ein vertrauensbildendes Signal, dass sich die 45 Verhandler von CDU/CSU an diesem Mittwoch gleich in der SPD-Zentrale treffen, um intern die zweite große Runde der Koalitionsverhandlungen vorzubereiten, bevor sie dort am Mittag mit den 30 SPD-Verhandlern zusammenkommen. Aber die SPD ist ja nicht die NSA - und dürfte unbotmäßige Überwachungen unterlassen.

Nach einer Woche Koalitionsverhandlungen mit dem Start fast aller zwölf Arbeitsgruppen und vier Unterarbeitsgruppen soll es vor allem beim Thema Europapolitik erste Ergebnisse geben. Etwa wie die rasche Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Bisher stocken die Verhandlungen dafür auf EU-Ebene. Negative Folgen auf Kleinanleger und Unternehmen wollen Union und SPD vermeiden und "unerwünschte Formen von Finanzgeschäften" zurückdrängen, heißt es in einem Eckpunktepapier, das die große Runde beschließen soll. Zudem soll eine verstärkte Privatisierung der Wasserversorgung verhindert werden.

Von nun an geht es also ans Eingemachte. SPD-Chef Sigmar Gabriel bemängelt, dass es bisher kaum Finanzierungsvorschläge der Union für deren Wunschprojekte gebe. Dazu gehören höhere Renten für Mütter, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben. Die Union müsse beantworten, wie sie Investitionen ohne Steuererhöhungen finanzieren wolle. "Die müssen jetzt mal Butter bei die Fische tun", erklärte Sigmar Gabriel. Steuererhöhungen sind aber für die Union erklärtermaßen eine rote Linie - der amtierende Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) scheint sich daher nun von dem Ziel zu verabschieden, 2015 mit dem Schuldenabbau zu beginnen.

Bei Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) sowie den Generalsekretären Hermann Gröhe (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Andrea Nahles (SPD) laufen die Fäden zusammen - Dobrindt und Nahles waren jüngst abends beim Italiener, um Vertrauen aufzubauen. Doch diese Phase mündet so langsam in die Entscheidungsphase. Damit nicht in der finalen großen Runde am 26. und 27. November alle Streitfragen gelöst werden müssen, sollen bestimmte Felder Stück für Stück abgehakt werden, als erstes nun die Europapolitik.

Bisher weiß so mancher SPD-Politiker noch nicht genau, was eigentlich beim mittendrin vom 14. bis 16. November stattfindenden Bundesparteitag in Leipzig entschieden werden soll - neben den turnusmäßigen Vorstandswahlen. Gerne würde man der Basis quasi als Trophäe schon eine Einigung auf 8,50 Euro Mindestlohn präsentieren, um eine positive Grundstimmung für eine große Koalition zu erzeugen - aber das dürfte zeitlich schwierig werden. Vorerst steht alles auf wackligen Füßen, besonders die Arbeitsgruppe Finanzen dürfte noch konfliktreich werden. Aber auch die AG Energie, die erst morgen im Bundesumweltministerium erstmals tagt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort