Kritik für Unions-Kompromiss Die potenziellen Jamaika-Partner sind nicht begeistert

Berlin · Von Werner Kolhoff

Der Unionskompromiss zur Asylpolitik ist auf Skepsis und Kritik bei den möglichen Koalitionspartnern FDP und Grüne gestoßen. Beide ließen durchblicken, dass sie die verlangte Höchstzahl von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr nicht mitmachen werden. Gleichwohl gibt es Gesprächsbereitschaft vor den geplanten ersten Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition am Mittwoch kommender Woche.

FDP-Vizechefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte die von der Union verabredete Zahl „einfach gegriffen“. Beim Recht auf Asyl dürfe es keine Abstriche geben. Ihr Kollege Wolfgang Kubicki sagte: „Die Unionseinigung zur Obergrenze beziehungsweise Kontingentierung wird nur eine kurze Halbwertszeit haben“. Die FDP werde im Falle von Koalitionsverhandlungen „einen konstruktiven Vorschlag unterbreiten, mit dem Problem ungeregelten Zuzugs fertig zu werden“, kündigte Kubicki an. Er lobte zugleich, dass die CDU die CSU auf dem Weg zu einem Zuwanderungsgesetz „mitgenommen“ habe. Auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hob hervor, dass ihre Partei ein Einwanderungsgesetz wolle.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte, die Einigung von CDU und CSU sei nur die Position der Unionsparteien und nicht die einer künftigen Koalition. Özdemir zeigte sich allerdings bereit, einen Kompromiss zu finden. „Kompromiss heißt immer: alle müssen sich bewegen“, betonte er. Co-Chefin Simone Peter klang da anders: „Die Zahl 200 000 als Höchstgrenze humanitärer Hilfe kommt einer Obergrenze gleich, weil sie die einzelnen Flüchtlingsgruppen wahllos summiert und bei Erreichen der Grenze offenbar sachgrundlos gegeneinander ausspielt“. Das habe nichts mit menschenrechtsbasierter Asylpolitik zu tun. Ihre Partei lehne die von der Union geforderte Ausweitung der sogenannten Sicheren Herkunftsländer ebenso ab wie Abkommen nach dem Vorbild des Vertrages zwischen der EU und der Türkei zum Stopp der Flüchtlingsbewegungen. „An Entrechtungsprogrammen werden wir Grüne uns nicht beteiligen“, so Peter.

Die Organisation Pro Asyl kritisierte die Union scharf. „Menschenrechte kennen keine Obergrenze, niemand darf in einer Situation, in der Folter oder unmenschliche Behandlung droht, zurückgewiesen werden“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Auch das Recht, als Familie zusammenzuleben, sei mit einer Obergrenze nicht vereinbar. Ähnlich äußerte sich auch der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. AfD-Fraktionschef Alex­ander Gauland ging der Unionskompromiss hingegen längst nicht weit genug. Die Zahl von 200­­ 000 sei „nicht nur viel zu hoch festgelegt, sondern auch pure Augenwischerei, da trotzdem niemand an der Grenze zurückgeschickt werden soll“.

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