Die Nummer eins nach dem Patriarchen

Von schwarz zu pink: ein Farbwechsel, der Symbolkraft hat. Für Freitag wählte Annegret Kramp-Karrenbauer noch unauffälliges Schwarz. Tag eins des CDU-Landesparteitags in Dillingen gehörte schließlich ganz und gar noch Peter Müller: Stolze 16 Jahre als Parteichef waren zu würdigen. Noch einmal eine große Szene für den Patriarchen der CDU Saar

 Blumen für die neue Chefin: Die Saar-CDU feiert Annegret Kramp-Karrenbauer - hier mit Vorgänger Peter Müller (l.) und Generalsekretär Roland Theis. Fotos: Oliver Dietze (2), dpa (3), rup, bub, Öttinger, Julius Schmidt, SZ

Blumen für die neue Chefin: Die Saar-CDU feiert Annegret Kramp-Karrenbauer - hier mit Vorgänger Peter Müller (l.) und Generalsekretär Roland Theis. Fotos: Oliver Dietze (2), dpa (3), rup, bub, Öttinger, Julius Schmidt, SZ

Von schwarz zu pink: ein Farbwechsel, der Symbolkraft hat. Für Freitag wählte Annegret Kramp-Karrenbauer noch unauffälliges Schwarz. Tag eins des CDU-Landesparteitags in Dillingen gehörte schließlich ganz und gar noch Peter Müller: Stolze 16 Jahre als Parteichef waren zu würdigen. Noch einmal eine große Szene für den Patriarchen der CDU Saar. Am Samstagmorgen aber, ihrem Tag, trägt die Arbeits- und Sozialministerin Pink. Jetzt will sie auffallen, jetzt muss sie auffallen, jetzt ist die 48-Jährige "die Nummer eins" der Saar-CDU.Es ist Stephan Toscani, der das sagt. Später, in seiner knappen Bewerbungsrede zum Vize-Landeschef. Da reiht sich der Innenminister als "Teamplayer" hinter Kramp-Karrenbauer ein. Mutmaßungen, er könnte die frisch gekürte Parteichefin bereits 2014, dem Jahr der nächsten Landtagswahl, beerben wollen, widerspricht der 44-Jährige so selbst am nachdrücklichsten. Doch nicht nur als neue Parteispitze wollen und sollen die beiden funktionieren. Es gilt als ausgemacht: Wenn Kramp-Karrenbauer am 10. August das Ministerpräsidentenamt von Müller übernimmt, wechselt Toscani in die Staatskanzlei.

Überraschungen bietet der Parteitag in der Dillinger Stadthalle keine, wo 342 Delegierte, Gäste und Presse eng zusammenrücken - ein wohliges Massegefühl in einer Partei, die 2009 bei der Landtagswahl von 47,5 auf 34,5 Prozent rutschte, sich mit Grünen und FDP in die Jamaika-Koalition fügen musste. Kein Gegenkandidat, keine zusätzlichen Anträge, eben mal eine Wortmeldung: Die Delegierten haben sich längst für die Püttlingerin entschieden. So fällt auch das Resultat aus. Die 341 gültigen Stimmen verteilen sich auf 326 Mal Ja, zehn Mal Nein sowie fünf Enthaltungen: 95,6 Prozent der gültigen Stimmen (Peter Müller war 1995 mit 94,3 Prozent gestartet). Dazu vier Minuten stehender Applaus. So schickt man eine Hoffnungsträgerin ins Rennen. Toscani freilich glückt es noch einen Tick besser: Mit 96,5 Prozent wird er Vize.

Der Wechsel in der Partei: Er war offenbar gut geplant, mögliche Rivalen zuvor befriedet. Vielleicht symbolisch: Fraktionschef Klaus Meiser geht nach kerniger Oppositionsschelte in Dillingen bereits vor dem Wahlgang (er musste zur Trauung seines Patenkindes). Trotz aller Vorarbeit aber: Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich auch vorgenommen, die Delegierten von ihrer Politiklinie zu überzeugen. Über 80 Minuten nimmt sie sich Zeit für ihre Vorstellungsrede. Grundsätzliches zum "Markenkern" der Union und eine Würdigung Müllers nehmen darin ebenso viel Raum ein wie die Perspektiven für Partei und Land. Es ist eben nicht nur die Rede einer Parteichefin, sondern auch die der kommenden Regierungschefin.

Und die setzt auf Kontinuität. An der Schuldenbremse, sagt sie, müsse man festhalten. Den demografischen Wandel erklärt sie zu einem Hauptthema. Dies freilich nicht allein mit Blick auf Arbeitskräfte - nach Prognosen würden bis 2025 im Saarland 80 000 fehlen. Sie sieht auch die sozialpolitische Seite der Medaille. Das Wort "seniorenfreundlich" bringe sie auf, "bürgerfreundlich" müsse Politik sein, dann sei sie auch "seniorenfreundlich". Trotzdem, das Land brauche Zuwanderung, müsse darum attraktiver werden. Deshalb bekennt sie sich zu wichtigen Infrastrukturprojekten wie dem Ferienpark am Bostalsee, der Gondwana-Halle, dem Thermenbau in Rilchingen, aber auch dem Vierten Museums-Pavillon, dem Neubau eines Fußballstadions in Saarbrücken und dem Projekt "Stadtmitte am Fluss".

Viele, die der CDU mittlerweile kritisch gegenüberstehen, spricht sie an. Den Landesdienern etwa sagt Kramp-Karrenbauer zu, sie werde sich im Koalitionsausschuss dafür stark machen, dass 2011 die Einmalzahlung kommt und 2012 der Tarifabschluss von 1,9 Prozent plus auf die Beamten übertragen wird. Ihre Landes-CDU will sie mit offener Kommunikation voranbringen. "Querdenker - herzlich willkommen in der CDU", ruft sie - und scherzt, eine Mutter, die drei Kinder großgezogen habe, werde auch damit fertig. Dass dies nicht bloß Ansage ist, den Stil in der zuletzt stark aus der Staatskanzlei gelenkten Partei ändern zu wollen, hat sie schon bewiesen. Vielen Parteimitgliedern hat sie sich bereits auf ihrer "Zuhör-Tour" gestellt. Im Sommer startet Runde zwei.

Und doch vollzieht sich da kein Bruch mit der "Ära Müller", wie es längst in der Saar-CDU heißt. Nur konsequent, dass Annegret Kramp-Karrenbauer in Dillingen Peter Müller zum Ehrenvorsitzenden der Saar-CDU vorschlägt: Und alle Hände im Parkett gehen hoch. An diesem Samstag ist die Partei eins mit sich. "Querdenker - herzlich willkommen in der CDU"

 Annegret Kramp-Karrenbauer freut sich mit Ihrem Mann Helmut. ln puncto Brille haben sie offenbar den gleichen Geschmack.

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Annegret Kramp-Karrenbauer

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