Die Nacht der ergrauten Männer

Berlin. Der "Zirkus" ist zu Ende: CSU-Chef Horst Seehofer brachte mit diesem Wort auf den Punkt, was viele Bundesbürger in den vergangenen neun Wochen gedacht haben. Nach mühsamen Verhandlungen steht der Hartz-IV-Kompromiss

Berlin. Der "Zirkus" ist zu Ende: CSU-Chef Horst Seehofer brachte mit diesem Wort auf den Punkt, was viele Bundesbürger in den vergangenen neun Wochen gedacht haben. Nach mühsamen Verhandlungen steht der Hartz-IV-Kompromiss. Erfolgreich waren am Ende nicht die beiden dynamischen Frauen Ursula von der Leyen (CDU) und Manuela Schwesig (SPD), sondern "diese ergrauten, eingeschränkt handlungsfähigen Regierungschefs", wie Seehofer ironisch bemerkte.Nach einem gut zehnstündigen, mehrfach unterbrochenen Verhandlungsmarathon traten die Kontrahenten am sehr frühen Montagmorgen vor die Mikrofone, um ihre Einigung zu verkünden. Der älteste der drei grauen Herren, der 75-jährige CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer aus Sachsen-Anhalt, durfte die Einigung verkünden. Was zuvor nicht klappen wollte, machten Seehofer, Böhmer und als dritter im Bunde der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) möglich: eine Lösung, bei der Union, SPD und FDP ihr Gesicht wahren konnten.

"Das war eine schwere Geburt", gab von der Leyen zu Protokoll. Sie sei erschöpft, aber auch zufrieden. Und mit einer kleiner Spitze in Richtung Beck und Böhmer setzte sie nach, dass manchmal doch die Herren der Schöpfung es letztendlich richten könnten. "Auch ältere Herren haben manchmal noch gute Gedanken" griff Beck den Ball auf - der besonders die Abmachungen zum Mindestlohn herausstrich. Er zeigte Verständnis für die erheblichen Zweifel der Grünen an der Verfassungskonformität des Regelsatzes. Daran habe die SPD das Gesamtpaket aber nicht scheitern lassen wollen.

Frustriert hatten die Grünen bereits Stunden zuvor die Verhandlungen verlassen. Beim Thema Regelsatz seien "nur noch drei Euro hin- und hergeschoben" worden, kritisierte ihre Fraktionsvorsitzende Renate Künast. "Es gibt keinen Schritt, den Regelsatz verfassungskonform zu machen." Die Frage, ob der Rückzug der Grünen auf ein Zerwürfnis mit der SPD schließen lasse, verneinte Künast. Man sei "mit der SPD nah dran", sichtbar werde aber "an dieser Stelle auch der Unterschied".

Damit das Thema, das wahlkampftechnisch weder Union noch SPD Vorteile bringt, bald endgültig vom Tisch ist, soll der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat heute den Kompromiss besiegeln. Dann ist die Länderkammer noch einmal am Zug, die die Reform am 17. Dezember 2010 zum ersten Mal gestoppt hatte und am 11. Februar auch einen nachgebesserten Regierungsentwurf scheitern ließ. Die Abstimmung dort wie auch im Bundestag ist jetzt nur noch eine Formsache. Nun dürfte erst einmal Ruhe einkehren beim Thema Hartz IV - bis es womöglich erneut beim Bundesverfassungsgericht landet, wenn auch gegen die nun gefundene Regelung geklagt wird.

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