Die Mutter aller Skandale Sex, Waffen, Sex: Weitere Affären der großen Politik

Monica-Gate: Eine Sexaffäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky brachte den demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton 1998/99 an den Rand der Amtsenthebung. Zunächst leugnete er unter Eid das Verhältnis, gab später aber eine "unangemessene" Beziehung zu. Ein Antrag zu seiner Entlassung fand keine Mehrheit

 Im August 1974 kündigte US-Präsident Nixon in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt an. Foto: dpa

Im August 1974 kündigte US-Präsident Nixon in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt an. Foto: dpa

Monica-Gate: Eine Sexaffäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky brachte den demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton 1998/99 an den Rand der Amtsenthebung. Zunächst leugnete er unter Eid das Verhältnis, gab später aber eine "unangemessene" Beziehung zu. Ein Antrag zu seiner Entlassung fand keine Mehrheit.Iran-Contra-Gate: In der Affäre ging es 1986/87 um geheime US-Waffenlieferungen an den verfeindeten Iran. Ein Teil der Erlöse wurde an die rechtsgerichteten "Contras" in Nicaragua weitergeleitet. Der republikanische Präsident Ronald Reagan wusste angeblich von nichts und kam ungeschoren davon.

Waterkant-Gate: Einer der größten deutschen Politskandale drehte sich 1987 um Machenschaften im Wahlkampf von Schleswig-Holstein. Dabei wurde SPD-Spitzenkandidat Björn Engholm ausgespäht und denunziert. Ministerpräsident Uwe Barschel (CDU) gab sein "Ehrenwort", dass die Vorwürfe haltlos seien. Wenig später wurde er in Genf tot aufgefunden.

Klima-Gate: Hacker kopierten im Jahr 2009 Mails und Dokumente von Klimaforschern und stellten sie ins Internet. So versuchten sie, die Erkenntnisse führender Wissenschaftler ins Zwielicht zu ziehen.

Ruby-Gate: Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi kam 2010 wegen seiner Beziehung zum minderjährigen Escortgirl "Ruby" in Bedrängnis. Er soll der 17-Jährigen auch für Sexpartys ("Bunga-Bunga") viel Geld gezahlt haben - was der längst als "Frauenheld" bekannte Politiker bestreitet. dpa

New York. Es war ein Stück Klebeband, das die USA veränderte. Ein Wachmann fand es am 17. Juni 1972 über einem Türschloss in einem Washingtoner Bürokomplex und rief die Polizei. Als die Beamten eintrafen, erwischten sie fünf Einbrecher, die aber nichts mitgehen, sondern etwas dalassen wollten: Überwachungsgerät und Abhörwanzen. Was wie ein kleiner Ganovenfall aussah, entwickelte sich zum politischen Skandal schlechthin, der den mächtigsten Mann der Welt das Amt kostete. Denn bei dem Büro handelte es sich um die Wahlkampfzentrale der Demokraten. Der Name des Gebäudes wurde zum Symbol: Watergate.

Dabei hätte US-Präsident Richard Nixon solch schmutzige Tricks gar nicht gebraucht, seine Wiederwahl im November schien sicher. Schließlich hatte der Republikaner den Vietnamkrieg für die USA beendet, erste Atom-Abrüstungsverträge ausgehandelt und in einem diplomatischen Meisterstück Beziehungen zu China aufgenommen. So hielten die meisten den Einbruch für eine Lappalie - nicht so Bob Woodward und Carl Bernstein. Die Reporter der "Washington Post", beide noch keine 30 und unbekannt, fragten sich, warum die Einbrecher bei der Tat elegante Anzüge trugen und warum sie sofort von einem Anwalt rausgehauen wurden. Und warum sie beste Kontakte zur republikanischen Partei hatten und bei einem der Männer ein Scheck über 25 000 Dollar gefunden wurde, ausgestellt vom "Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten" - und der hieß Nixon.

Nixon stammte aus einfachen Verhältnissen und musste sich alles hart erarbeiten. Nicht selten traf ihn so der Spott der alten, reichen Familien Amerikas. Als er 1960 Präsidentschaftskandidat der Republikaner wurde, setzten die Demokraten auf das absolute Gegenteil: John F. Kennedy - gut aussehend, charmant, aus bestem Hause. Und obwohl Nixon, das sagen selbst Kritiker, härter arbeitete als Kennedy, verlor er die Wahl gegen den strahlenden Helden.

Da war Nixon längst davon überzeugt, dass alle gegen ihn seien, vor allem die Presse. Auf Feindeslisten hielt er alle fest, die er als Teil einer Verschwörung wähnte. Bis 1969 musste er warten, um als 37. Präsident ins Weiße Haus einzuziehen.

"Folgt dem Geld", riet "Deep Throat" den Journalisten Woodward und Bernstein. Der geheime Informant, erst 2005 als FBI-Vize Mark Felt enthüllt, war eine wichtige Stütze der Recherchen. So arbeiteten sich die beiden Journalisten bis fast nach ganz oben. Mehr als die Einbrüche schockierten die Amerikaner aber Tonbänder, die im Weißen Haus fast alles aufnahmen. Sie enthüllten, was sie für ein Staatsoberhaupt hatten: Eines das log, beleidigte, übelste Schimpfwörter gebrauchte, verleumdete - und Rechtsbruch anordnete.

Denn Nixon hatte nach dem Einbruch in das Watergate-Bürohaus den Staatsapparat einschalten wollen, um die Ermittlungen zu behindern. Später versuchte der Präsident, die CIA auf das FBI zu hetzen, doch das System - Verfassung, Gewaltenteilung und freie Presse - erwies sich als stärker. Immer mehr Menschen wandten sich von Nixon ab. Und obwohl er kämpfte wie ein Löwe, musste er letztlich kapitulieren. Um dem Rauswurf zuvorzukommen, trat Nixon am 9. August 1974 zurück. "Nixon war viel schlimmer, als wir immer dachten", sagen Woodward und Bernstein heute, 40 Jahre danach. Und zu den fast täglichen Drohungen der Mächtigen: "Diese Geschichte war wie das Sitzen in einer warmen Badewanne, deren Wasser immer heißer und heißer wurde. Doch wir schafften es, die Hitze auszuhalten." Der Historiker Kenneth Davis schreibt: "Vietnamkrieg und Watergate waren der Abgrund, der Amerika in eine tiefe Krise stürzte. Niemand glaubte mehr, was ,die da oben' sagten." In der Tat stürzten die USA in die tiefste Sinnkrise seit dem Bürgerkrieg. Der neue Präsident Gerald Ford sprach von "unserem nationalem Alptraum". Nixon selbst hatte schon fünf Jahre vorher, allerdings im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg, gesagt: "Nordvietnam kann Amerika nicht demütigen. Nur Amerikaner können das."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort