Die Macht der Bilder"Ökumene grundsätzlich angekommen" Das Wetter wird wohl mitspielen

München. Die Sänfte ist längst abgeschafft. Früher ließen sich Päpste auf derlei Pracht entfaltenden Gestellen durch den Vatikan tragen, heute fährt Benedikt XVI. im Papamobil umher. Auch in Deutschland wird das von Donnerstag an so sein - die Kirchenoberen hoffen auf schönes Wetter und jubelnde Menschen. Kirche braucht starke Bilder. Sie lebt auch von der Inszenierung

München. Die Sänfte ist längst abgeschafft. Früher ließen sich Päpste auf derlei Pracht entfaltenden Gestellen durch den Vatikan tragen, heute fährt Benedikt XVI. im Papamobil umher. Auch in Deutschland wird das von Donnerstag an so sein - die Kirchenoberen hoffen auf schönes Wetter und jubelnde Menschen. Kirche braucht starke Bilder. Sie lebt auch von der Inszenierung. Und sie macht das gut, findet der Jugendforscher Heiner Barz von der Universität Düsseldorf. "Die Kirche ist eine richtig gute Event-Organisatorin. Zumindest in diesem Punkt hat sie die Zeichen der Zeit erkannt."Der 2005 verstorbene Johannes Paul II. wusste um die Macht der Bilder und um seine Wirkung in den Medien. Er ließ sich beim Skifahren im weißen Anorak ablichten, bewegte sich bei modernen Kirchenliedern fröhlich im Takt und erfand den Weltjugendtag. Er war der Mann der großen Gesten, wenn er bei jeder Reise auf dem Flughafen den Boden küsste.

Und Benedikt XVI.? Ihm scheint der Jubel der Massen manchmal suspekt zu sein. Unvergessen ist sein fast ratloser Blick von der Loggia des Petersdoms nach der Papstwahl, als unten die Begeisterung aufbrandete. Er war nie ein Mann, der den großen Auftritt mochte. Lieber war ihm die Arbeit am Schreibtisch. Aber er weiß auch, was als Pontifex im Medienzeitalter vor allem auf Reisen von ihm erwartet wird: Er muss Kinder herzen, winken und lächeln.

Wer sich an der Route des Papamobils aufstellt oder wer einen Gottesdienst mit dem Papst besucht, ist nach Einschätzung von Barz, der sich mit dem Thema Jugend und Religion ausführlich befasst hat, nicht zwangsweise religiös oder mit allen Ansichten des Oberhaupts der Katholiken einverstanden. Bei den Weltjugendtagen sei dieses Phänomen gut zu beobachten: "Das ist ein Ereignis, bei dem viele junge Leute zusammenkommen. Da ist was los, das übertragen die Medien in alle Welt", sagt Barz.

Gerade Jugendlichen sei es da nicht so wichtig, ob sie vollkommen mit der katholischen Lehre übereinstimmen oder nicht. "Junge Leute haben auch Fragen und teilen die Standpunkte der Kirche oft nicht." Sie übten Kritik, etwa an der Sexualmoral der Amtskirche, nähmen aber an kirchlichen Ereignissen trotzdem teil. "Sie können diese Widersprüche aushalten."

Sieht man Bilder von jubelnden Menschen, dann scheint so ein Papstbesuch vergleichbar zu sein mit einem Popkonzert, einem WM-Spiel oder einer royalen Hochzeit à la Kate und William. Aber der Vergleich hinkt. Der Auftritt eines Papstes ist eigentlich aus der Zeit gefallen: Benedikt XVI. trägt seine traditionell weiße Soutane, er sagt keine flotten Sprüche auf, sondern hält eher theologisch komplizierte Predigten. Und so spannend wie ein Fußballspiel ist eine katholische Messe nun wirklich nicht.

Trotzdem üben die Bilder von großen, feierlichen Messen eine gewisse Faszination auf die Menschen aus: Weihrauch, kostbare Messgewänder, festliche Musik, eine Liturgie, in der jede Handlung mit Zeichenhaftigkeit erfüllt ist. Monika Selle, Liturgie-Expertin im Erzbistum München-Freising, war an der Organisation des Papstbesuchs in Bayern 2006 maßgeblich beteiligt. Im Prinzip, so sagt sie, ist ein Papstgottesdienst eigentlich auch nichts weiter als "eine feierliche Messe mit einem Bischof". Dem Papst sei es damals vor fünf Jahren wichtig gewesen, den Sonntagsgottesdienst mit möglichst vielen Menschen zu feiern. Bei der Vesper am Nachmittag im Liebfrauendom wollte er sich besonders an Kinder, Eltern und Religionslehrer wenden. "Er hat Schwerpunkte gesetzt, ihm waren lebendige Feiern sehr wichtig", sagt Selle.

Der kirchenkritischen Gruppe "Wir sind Kirche" in Deutschland ist so viel Feierlichkeit suspekt. Vor dem Deutschland-Besuch Benedikts warnt sie, die Reise dürfe nicht eine "Eventkultur nach außen" bedienen. Es müsse um innerkirchliche Reformen gehen, nicht um Massen-Ereignisse.

Bonn. Von der Landung, übers Mittagessen bis hin zum Messwein - alles ist vorbereitet für den Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehen zur Begrüßung bereit, Tausende Gläubige erwarten den Papst, jeder seiner Schritte wurde bis ins kleinste Detail durchgeplant. Nur eine Frage bleibt bis zuletzt offen und entzieht sich dem Einfluss der Organisatoren: Wie wird das Wetter? Schickt Petrus Sonnenschein oder ein gepflegtes Donnerwetter?

Kräftige Regenschauer könnten beispielsweise am Freitag im Thüringer Eichsfeld dafür sorgen, dass sich die provisorischen Zugänge rund um die Wallfahrtskapelle Etzelsbach, die Benedikt XVI. besuchen wird, in Schlamm-Pisten verwandeln. Allerdings hat man hier allen Grund, gelassen zu bleiben: Nachforschungen hätten ergeben, dass es in der Region an diesem Tag seit zehn Jahren nicht mehr geregnet habe, schreibt die "Thüringer Allgemeine".

"Der Papst hat ganz offensichtlich einen guten Draht nach oben", sagt auch Helmut Malewski, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst. "Der Start in Berlin wird zwar noch ein bisschen durchwachsen, aber dann wird das Wetter immer besser." Landen wird der Papst am Donnerstag in Berlin demnach bei bedecktem Himmel und Temperaturen bis 16 Grad. "Im Norden wird dann zwar eine Front vorbeiziehen, aber in Berlin selbst dürfte kein Regen runtergekommen", meint Malewski.

Am Samstag geht es dem Meteorologen zufolge sogar noch einmal bergauf. "In Freiburg gibt es am Wochenende super Wetter." Bei Sonnenschein und Temperaturen um 20 Grad werde sich der September von seiner goldenen Seite zeigen.

Allen guten Aussichten zum Trotz empfiehlt der Malteser Hilfsdienst, sich auf eventuelle Witterungsumschwünge vorzubereiten. "Beachten Sie die Wetterprognosen", heißt es in den "Zehn Pilgertipps für den Papstbesuch". kna

Düsseldorf. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, erwartet vom Deutschlandbesuch des Papstes Anstöße für den 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017. "Natürlich wird der Papst etwas zu Luther sagen, und er wird sicher auch Perspektiven andeuten für 2017", sagte Schneider. Schneider trifft mit einer EKD-Delegation am Freitag im Erfurter Augustinerkloster, wo Martin Luther Mönch war, mit Papst Benedikt XVI. zusammen.

Manchmal helfe es, die gemeinsame Geschichte zu betrachten, "damit man anders in die Zukunft geht", sagte Schneider. Man dürfe andererseits nicht unterschätzen, wie viel auf katholischer Seite vom Bild des "Kirchenspalters" Luther noch übrig sei: "Emotional ist das immer noch stark ausgeprägt." Nach Schneiders Ansicht ist die Ökumene inzwischen "an den grundsätzlichen Punkten angekommen": "Hier sind wir froh, wenn wir nicht auf der Stelle bleiben." Derzeit sei es eine "Ökumene der kleinen Schritte". Besonders das Problem der konfessionsverschiedenen Ehen verlange "dringend nach Verbesserungen". Den geplanten Boykott der Papstrede im Bundestag durch 100 Abgeordnete nannte Schneider "merkwürdig, um nicht zu sagen befremdlich". epd "Da ist was los, das übertragen die Medien

in alle Welt."

Jugendforscher Heiner Barz

zum Papstbesuch

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