„Die Linke braucht Wagenknecht“

In der Linkspartei gärt es wieder einmal. Anlass sind Äußerungen von Sahra Wagenknecht. Sie hatte nach Ansbach erklärt, dass die Aufnahme von Flüchtlingen mit „erheblichen Problemen“ verbunden sei. SZ-Korrespondent Stefan Vetter sprach darüber mir dem Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse.

Herr Jesse, was ist an Wagenknechts Äußerungen noch links?

Jesse: Wagenknecht unterscheidet sich mit ihren Äußerungen sicher stark von der herkömmlichen Position der Linken in der Flüchtlingsfrage. Sie sind aber schlicht realistisch. Und ich finde, man kann auch beides sein: realistisch und links. Wagenknecht den Status als linke Politikerin abzusprechen, wäre absurd. In den sozialen Kernfragen ist sie eindeutig auf Parteilinie. In der Außenpolitik repräsentiert sie gar den linken Flügel.

Im Programm der Linken werden "offene Grenzen für alle Menschen" propagiert. Das klingt doch fundamental anders.

Jesse: Die Fraktionsvorsitzende reagiert auf die Ereignisse des letzten Jahres, als über eine Million Flüchtlinge zu uns kamen. Daher liegt es auf der Hand, dass diese Position des Parteiprogramms wirklichkeitsfremd ist. Zugespitzt könnte man sagen, Wagenknecht ist populistisch. Sie weiß, wie die Bürger in der übergroßen Mehrheit denken.

Die AfD hat Wagenknecht sofort applaudiert. Wieviel Linkspopulismus steckt denn in den Rechten - und umgekehrt?

Jesse: Es gibt Schnittmengen zwischen der AfD und Linken: antiwestliche Ressentiments und gewisse Sympathien für Putin zum Beispiel. Beide Parteien haben eine ähnliche Wählerschaft, eher die unteren sozialen Schichten. Deshalb operieren beide mit derartigen Botschaften.

In der Linken gab es sogar Rücktrittsforderungen an Wagenknecht. Was wäre so gewonnen?

Jesse: Gar nichts. Im Gegenteil. Wagenknecht hat eine sehr große Ausstrahlung. Nach dem Rückzug von Gregor Gysi ist sie das Aushängeschild der Partei. Die Linke braucht Wagenknecht.

Das komplette Interview steht im Netz auf www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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