Die Lehren aus dem Fall Edathy

Berlin · Wenn Kinder in sexueller Pose abgelichtet werden, weil sich Männer dadurch Erregung verschaffen wollen, empört das viele Menschen. Ob man durch das neue Sexualstrafrecht jetzt mit einer Flut neuer Verfahren rechnen müssen, ist noch umstritten.

Wer kinderpornografische Bilder herstellt oder besitzt, wird gesellschaftlich geächtet. Deshalb gab es kaum Widerstand, als Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) seinen Gesetzentwurf für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts formulierte. Anwälte und Polizisten befürchten nur, dass dieses Gesetz eine kaum zu bewältigende Flut von Ermittlungen und Prozessen in Gang setzen könnte.

Denn der Fall des früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy hatte Anfang des Jahres ja recht eindrücklich gezeigt, wie viel Zeit vergehen kann zwischen dem Anfangsverdacht, der Beschlagnahmung des Computers und einer möglichen Anklage. "Man braucht sehr gut ausgebildete Kriminalbeamte und eine gute technische Ausstattung", gibt der Rechtsexperte der Gewerkschaft der Polizei , Sascha Braun, zu bedenken. Die Personaldecke in diesem Bereich sei aber aktuell so dünn, dass es teilweise sechs Monate und länger dauern könne, bis ein beschlagnahmter Computer ausgewertet werde.

Bei Ermittlungsverfahren wie bei Edathy, wo Hunderte Verdächtige überprüft werden müssten, werde immer zuerst mit den Ermittlungen gegen die Hersteller begonnen, weil dadurch möglicherweise der noch laufende Missbrauch von Kindern gestoppt werden könne. Erst danach kämen die Besitzer verdächtiger Kinderbilder an die Reihe.

Kritik musste Maas auch von Politikern und Juristen einstecken, die befürchten, dass die neuen Regelungen auch die Herstellung relativ harmloser Bilder im Netz kriminalisieren. "Die Strafbarkeit von Aktbildern, die ein 19-jähriger von seiner 17-jährigen Freundin mit deren Einverständnis macht, ohne dass diese verbreitet oder veröffentlicht werden, ist unverhältnismäßig", heißt es von den Grünen. Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, Wolfgang Ewer, sagt: "Bereits beim Fotografieren in der Familie droht der Staatsanwalt - etwa, wenn im Sommer bei einem Kindergeburtstag sich die kleinen Kinder unter einem Rasensprenger abkühlen."

Den Bundesjustizminister , der für seinen Vorstoß unter anderem vom Deutschen Kinderschutzbund gelobt wird, ficht das nicht an. Er sagt: "Wenn Eltern Aufnahmen von ihren Kindern machen, dann handeln sie nicht unbefugt. Auch wenn sie diese Bilder in sozialen Netzwerken wie Facebook mit Verwandten teilen, machen sie sich nicht strafbar."

Er räumt zwar ein, dass die Ermittler schon heute bei der Verfolgung der Kinderpornografie personell an ihre Grenzen stoßen. Durch die Verschärfung des Gesetzes in Sachen Cybermobbing seien aber vielleicht gar keine großen Zusatzbelastungen zu befürchten, da die Ermittler in diesen Fällen nur auf Antrag des Betroffenen in Aktion träten, erklärt Maas.

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