Die Herzdame der SPDChristian Lindner vollbringt das "Wunder von Düsseldorf"

Düsseldorf. Die FDP feiert das "Wunder von Düsseldorf". Und den, der es vollbracht hat: Christian Lindner. Der Jubel ist gewaltig und ohrenbetäubend bei der FDP-Wahlparty. "Das ist der Hammer", "unfassbar" - so gehen die Rufe durcheinander nach der ersten Hochrechnungen von satt über acht Prozent

Düsseldorf. Die FDP feiert das "Wunder von Düsseldorf". Und den, der es vollbracht hat: Christian Lindner. Der Jubel ist gewaltig und ohrenbetäubend bei der FDP-Wahlparty. "Das ist der Hammer", "unfassbar" - so gehen die Rufe durcheinander nach der ersten Hochrechnungen von satt über acht Prozent. "Das ist ein großes Ergebnis für die FDP in Nordrhein-Westfalen", ruft Lindner. "Unsere Fraktion hat sich dem Verschuldungskurs verweigert und eine Neuwahl in Kauf genommen." Und der 33-Jährige betont: "Prinzipienfestigkeit in der Politik ist keine Dummheit, Prinzipienfestigkeit in der Politik ist Ausdruck von Tugend und Charakter."Lindners Erfolgsrezept im Wahlkampf: Abgrenzung von den Bundes-Liberalen, eigene Prioritäten und ein rasanter und allein auf seine Person zugeschnittener Wahlkampf. Lindner hat seine Botschaften präzise und schnörkellos formuliert. Auf Marktplätzen, in Hallen, in Fußgängerzonen, in Dutzenden Interviews, in Video-Chats, TV-Runden oder via Twitter und Facebook. Auf plumpe Polemik gegen die Konkurrenz hat er verzichtet. Und im Gegensatz zu CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen hat sich Lindner klar zu NRW bekannt. "Ich hab' Lust auf Landespolitik." Die dürfte gestern noch gewachsen sein. dpa

Düsseldorf. "NRW im Herzen" hatte die SPD auf ihre Wahlplakate mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gedruckt. Mit ihrem Triumph bei der Landtagswahl ist die 50-Jährige endgültig zur Herzdame der Sozialdemokraten geworden - nicht nur in Nordrhein-Westfalen. In der Traditionspartei SPD hat sie eine atemberaubend schnelle Karriere hingelegt.

"Was für ein toller Abend", schwärmte Kraft gestern nach den ersten Hochrechnungen. "Wir haben das Richtige getan: Wir haben den Menschen in den Mittelpunkt gestellt." Sie sieht in ihrem Wahlsieg bundesweit "ein klares Signal für Rot-Grün". Sie sei sehr zuversichtlich, dass SPD und Grüne ihre Ziele "auch bei den Bundestagswahlen erreichen können".

Kraft hatte sich im Sommer 2010 nur zögernd auf die Minderheitsregierung in Düsseldorf eingelassen, doch die Chancen ergriff sie dann entschlossen. In den folgenden zwei Jahren erarbeitete sie sich das Auftreten einer "Landesmutter". Während sich ihr CDU-Herausforderer Norbert Röttgen in selbst gespannten Fallstricken verhedderte, durchpflügte Kraft Fußgängerzonen und Schrebergärten. Im Straßenwahlkampf stimmte sie auch schon mal in das Volkslied "Kein schöner Land in dieser Zeit" ein. Viele erinnert dieser Wahlkampfstil bereits an SPD-Ikone Johannes Rau. Auch der verstand es, Angriffe der Opposition wegzumenscheln.

Wie Rau gewährt auch Kraft dosiert Einblick in ihr Privatleben - von den Kochkünsten ihres Manns Udo, über den Familienurlaub in einer Sportschule im Sauerland bis zum Auslandsaufenthalt von Sohn Jan in Neuseeland. Im Wahlkampf ließ sie Bilder auf ihre Facebook-Seite stellen, die eine von vielen Auftritten erschöpfte Politikerin zeigten. Glamour-Bilder sind nicht ihr Ding.

Wenn es darauf ankommt, trifft Kraft, die manchmal zum schnoddrigen Ruhrgebietston neigt, die richtigen Worte. Ihre einfühlsame Rede bei der Trauerfeier für die Opfer der Loveparade-Katastrophe fand große Anerkennung. Da sprach nicht nur eine Politikerin, sondern auch eine Mutter, deren Kind damals selbst in der Menschenmenge war, aber Glück hatte.

Kraft ist eine Frau aus dem Ruhrgebiet, Straßenbahnertochter, die Erste in ihrer Mülheimer Familie, die Abitur hat. "In der Schule unterkriegen lassen war natürlich nicht", erzählt sie über ihre Schulzeit. "Also biss ich mich durch." Sie wurde Diplom-Ökonomin, Unternehmensberaterin und trat 1994 in die SPD ein. Es folgte eine schnelle Karriere: Abgeordnete, Ministerin, Regierungschefin. Auch Mitarbeiter und Parteifreunde bekommen zu spüren, dass Kraft (Selbstbeschreibung: "Klare Kante") weiß, was sie will. In den Sachthemen will sie stets im Film sein.

Wie weit sie die Politik noch trägt, ist nicht abzusehen. Eine Kanzlerkandidatur hat Kraft stets von sich gewiesen. Und auch gestern Abend schloss sie einen Wechsel nach Berlin als Kanzlerkandidatin weiter aus. "Im Bund rufen immer schon einige. Darüber freue ich mich auch. Das ist eine Ehre. Aber ich habe meine Aufgabe hier. (. . .) Man muss wissen, wo die eigene Aufgabe liegt", sagte Kraft. Aber eins hat sie dem Berliner Kandidatentrio Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück seit gestern endgültig voraus: einen klaren eigenen Wahlsieg.Foto: Erichsen/dpa

"Was für ein toller Abend."

Hannelore Kraft

nach ihrem Wahlsieg

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