"Die haben immer noch nicht verstanden"

Brüssel. Es ist eine schallende Ohrfeige für die eigene Regierung, die die größte zyprische Bank am Freitagnachmittag verteilte. "In den bisherigen Beratungen wurde deutlich, dass wir keine alternative Lösung haben. Deshalb darf es keine Verzögerung bei der Annahme des Rettungspaketes geben", teilte ein Sprecher der Bank of Cyprus mit

Brüssel. Es ist eine schallende Ohrfeige für die eigene Regierung, die die größte zyprische Bank am Freitagnachmittag verteilte. "In den bisherigen Beratungen wurde deutlich, dass wir keine alternative Lösung haben. Deshalb darf es keine Verzögerung bei der Annahme des Rettungspaketes geben", teilte ein Sprecher der Bank of Cyprus mit. Da saßen die Finanzexperten der Regierung in Nikosia noch immer über dem sogenannten Plan B, den man erst am Morgen, dann am Nachmittag und schließlich am Abend den Abgeordneten vorlegte. Dass sowohl die Vertreter der Troika wie auch die ersten Regierungschefs der Euro-Zone den Solidaritätsfonds abgelehnt hatten, ging an ihnen vorbei. "Die haben immer noch nicht verstanden, um was es eigentlich geht", sagte ein hoher Vertreter der EU-Kommission.Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte den Ausweg, den zyprischen Eigenanteil unter anderem durch einen Griff in die Rentenkassen zusammenzukratzen, sofort strikt ab. Nicht nur aus prinzipiellen Gründen, sondern weil Präsident Nikos Anastiasiades und seine Regierung alles versuchten, um die reichen Anleger aus dem Ausland zu schonen. "Das zyprische Geschäftsmodell ist am Ende", heißt es in Brüssel. "Die Politiker haben es nur noch nicht gemerkt." Derweil verstrich kostbare Zeit. Den ganzen Freitag über hielt sich die Euro-Gruppe bereit, um die Alternative zum eigenen Rettungsplan zu beraten, zu verabschieden - oder aber zurückzuweisen. Wobei an Letzterem kaum Zweifel bestanden. Gegen Mittag setzte in Nikosia langsam ein Umdenken ein. "Wir erwägen nun doch wieder eine Zwangsabgabe", räumte der konservative Abgeordnete Prodromos Prodromou im Fernsehen ein. Unklar war, ob das Parlament darüber noch am Freitagabend abstimmen würde. Beschlossen wurde zunächst die Einrichtung des umstrittenen Solidaritätsfonds.

EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte zuvor erkennbar Mühe, seinen Unmut im Zaum zu halten. "Wir prüfen das im Detail", erklärte er, als die ersten Hinweise zum sogenannten "Plan B" in Brüssel eintrafen. Die Wut über das Verhalten der zyprischen Regierung, die am Donnerstag für die Euro-Gruppe nicht erreichbar war und einfach nicht ans Telefon ging, war noch längst nicht verraucht. "Wir haben so etwas noch nicht erlebt", sagte ein hoher Vertreter der Währungsunion am Freitagnachmittag.

Der Druck auf die Abgeordneten, endlich einen gangbaren Weg zu finden, nahm derweil immer weiter zu. "Wenn wir keinen Plan vorlegen, dann wird die Zentralbank unseren Banken am Montag den Geldhahn zudrehen und das Land geht bankrott", sagte Notenbank-Präsident Panikos Demetriades. Da hatten selbst die, die noch vor wenigen Tagen gegen die "Unverfrorenheit" der Euro-Gruppe und ihrer vermeintlichen Teil-Enteignung der Sparer geschimpft hatten, eingesehen, dass dieser Weg tatsächlich der einzige und am wenigsten belastende sein würde. Was auch immer die Parlamentarier der Insel im Laufe des Wochenendes beschließen - die härteste Prüfung steht ihnen noch bevor. Denn nur wenn Troika und Euro-Gruppe den Plan billigen, können die Zyprer aufatmen, auf weitere Hilfen der Europäischen Zentralbank und schließlich des ESM-Rettungsfonds hoffen. Sollte dieses Ja ausbleiben, könnte das Land einen schwarzen Montag erleben. "Wir haben

so etwas noch nicht erlebt."

Ein hoher Vertreter der Währungsunion über das Verhalten der zyprischen Regierung

Hintergrund

Zypern erhält kein Geld aus Russland: Die Russen verwehren der Insel vorerst neue Finanzhilfen. Es gebe kein Interesse an den Vorschlägen des zyprischen Finanzministers Michalis Sarris, sagte dessen russischer Amtskollege Anton Siluanow am Freitag. Regierungschef Dmitri Medwedew deutete nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso aber an, dass ein künftiges Engagement nicht auszuschließen sei. Kommentatoren gehen davon aus, dass Russland durch eine Verschärfung der Krise hofft, noch billiger an Vermögenswerte des Inselstaates zu kommen. dpa

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