Die Grünen zwischen Triumph und Demut

Berlin. Eine Lincoln-Stretchlimousine steht vor der Parteizentrale der Grünen in Berlin, Harald Schmidt lässt einen Sketch drehen. Ein junger Mann mit zwei dünn bekleideten weiblichen Begleiterinnen steigt aus, zum "Wahlparty-Hopping" wie ein Kameramann erklärt. Aber Schampus gibt es drinnen nicht, nur Bionade, Selters und ein lokales Bier

Berlin. Eine Lincoln-Stretchlimousine steht vor der Parteizentrale der Grünen in Berlin, Harald Schmidt lässt einen Sketch drehen. Ein junger Mann mit zwei dünn bekleideten weiblichen Begleiterinnen steigt aus, zum "Wahlparty-Hopping" wie ein Kameramann erklärt. Aber Schampus gibt es drinnen nicht, nur Bionade, Selters und ein lokales Bier. Parteichefin Claudia Roth versucht den Spagat zwischen Triumph und Demut. Man habe einen riesigen Vertrauensvorschuss bekommen, sagt sie, und müsse den nun durch eine "ehrliche, seriöse und am Gemeinwohl orientierte Politik" einlösen. Das ist Roths eine Botschaft, sie richtet sich auch gegen die "Unglaubwürdigkeit" der Bundesregierung. Die andere: "Dieser Tag ist eine historische Zäsur." Zum ersten Mal können die Grünen in einem Land den Ministerpräsidenten stellen und liegen vor der SPD. Neben Roth steht Renate Künast auf der Bühne, die in Berlin im September die zweite grüne Regierungschefin eines Landes werden will. In dem viel zu engen Saal jubeln sie frenetisch und halten Schilder in die Kameras: "Zukunft gewinnt".Sigmar Gabriel zollt der grünen Konkurrenz unumwunden Anerkennung. Zwar sei auch die SPD seit 30 Jahren gegen die Atomenergie, doch hätten die Grünen den Ausstieg immer gegen alle Widerstände angestrebt. Das Wahlergebnis sei somit "auch der Glaubwürdigkeit geschuldet", meint Gabriel und schickt einen "Herzlichen Glückwunsch" an den einstmals klein genannten Koalitionspartner. Dass der in Stuttgart zum ersten Mal in einem Land vor den Sozialdemokraten liegt, ist ihm keinen Kommentar wert.

Linken-Parteichef Klaus Ernst gibt indes die Strategie der Westausdehnung nicht auf. Das Ergebnis sei die Aufforderung genau daran weiterzumachen, meint er. Bei der Wahlparty der Sozialisten wird das Ergebnis ebenfalls mit dem Fast-Gau in Japan erklärt. Der Atomausstieg werde eben nicht mit der Linken identifiziert. Außerdem hätten viele Wähler in Baden-Württemberg, die Mappus ablösen wollten, SPD oder Grünen ihre Stimme gegeben, um sicher zu gehen.

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